Die verhängten EU-Strafzölle auf die Einfuhr von Elektroautos aus China bewirken Gegenmaßnahmen.
Französische Produkte im Wert von 1,7 Mrd. Euro werden mit zusätzlichen Einfuhrzöllen belegt.
Zoll-Erhebungen auf europäische Automobile sind als ein weiterer Schritt zu erwarten.

Nach dem Beschluss der EU zur Verhängung von Strafzöllen auf die Einfuhr von Elektroautos aus China[1] reagiert die Volksrepublik mit ersten Gegenmaßnahmen. Ab Freitag müssen Importeure europäischen Branntweins beim chinesischen Zoll eine Kaution von voraussichtlich 30 Prozent „Sicherheitsgebühren“ für Importe nach China hinterlegen.
Die chinesischen Behörden sind offenbar zu der Ansicht gelangt, bei der Herstellung von Brandy in der EU werde Preisdumping betrieben.[2] Der Schritt trifft nahezu ausschließlich Frankreich, das im vergangenen Jahr Cognac im Wert von 1,7 Milliarden Euro in die Volksrepublik exportierte.[3] Die Antidumping-Zölle betreffen in wenigen Tagen die Hersteller der Marke Martell mit Aufschlägen von 30,6 Prozent, 38 1, Prozent für Rémy Martin und 39 Prozent für Hennessy.

Vertreter der Handelskammer der Europäischen Union zeigten sich von der Ankündigung der Anti-dumping-Maßnahme enttäuscht und forderte die Europäische Kommission auf, ihre Bemühungen zu verdoppeln, um dringend eine Verhandlungslösung mit ihren chinesischen Partnern zu finden.[4]

China führte im vergangenen Jahr Milchprodukte im Wert von rund 211,5 Millionen Euro vor allem aus Frankreich ein, während die Einfuhr von Schweinefleisch für 1,5 Mrd. Euro überwiegend aus Spanien kam, den Niederlanden (620 Millionen Euro), Dänemark (608 Millionen Euro) und Frankreich (363 Millionen Euro).

China hat ergänzend zu den verhängten Gegenmaßnahmen auch eine Anti-Dumping-Untersuchung eingeleitet, die sich auf Milchprodukte und Schweinefleisch aus der EU richtet. Von einem solchen Schritt hatte China zu Beginn des Jahres noch  abgesehen, obwohl die Handelspraxis europäischer Unternehmen die Handelsbeziehung zu China schon deutlich belastete.


„Dahinter steht ohne Zweifel die Doktrin der amerikanischen Neocons*, die mit allen Mitteln verhindern wollen, dass China auch nur an der amerikanischen Hegemonie kratzt. Aber die Angst vor der chinesischen Gefahr würde ohne die vermutete ökonomische Bedrohung nicht glaubwürdig sein.“ [8]

Nach Auffassung von Flassbeck ist das Dogma der Freihandelsdoktrin, nach dem sich die Entwicklungsländer auf die Herstellung arbeitsintensiver Produkte beschränken sollen, durch nichts zu rechtfertigen. Es werde als Rechtfertigung von Protektionismus missbraucht und führe auf diese Weise dazu, dass die Schwellenländer schnell und erfolgreich aufholen. Der Ökonom Heiner Flassbeck führt dazu weiter aus, dass es bisher westliche Unternehmen waren, die von den riesigen absoluten Vorteilen des Handels mit China profitierten. So seien durch Direktinvestitionen seit der Öffnung Chinas über viele Jahre gewaltige Effekte ausgelöst worden zugunsten europäischer Unternehmen.  Er führt aus, dass der chinesische Handel bisher zum großen Teil von westlichen Unternehmen betrieben wurde, die ihren Standort in China hatten. Vor zehn Jahren waren noch 60-70 % der gesamten Exporte Chinas nicht die Exporte originär chinesischer Unternehmen, sondern Exporte ausgelagerter westlicher Unternehmen.[9]

„Nun, da auch originär chinesische Unternehmen mit der Hilfe modernster Technologie und immer noch relativ günstiger Löhne (weil die durchschnittliche gesamtwirtschaftliche Produktivität in China immer noch relativ niedrig ist) selbst diese absoluten Vorteile nutzen, treten die westliche Laienspieler auf den Plan und behaupten, es könnten ja nur staatliche Subventionen sein, die die chinesischen Produkte so günstig machten.

So lange westliche Unternehmen die absoluten Vorteile Chinas nutzten, um in der Welt zu Niedrigstpreisen zu verkaufen (oder übermäßig hohe Gewinne zu machen) war alles in Ordnung, nun, da die Unternehmen aus dem Schwellenland das Gleiche tut, muss man mit an den Haaren herbeigezogenen Argumenten dagegenhalten.

Absurder kann Politik nicht mehr sein. [10]

Der Anteil deutscher Marken am Automobilmarkt in China lag im Jahr 2020 noch bei 26,5 Prozent, während der Anteil im Jahr 2020 auf 20,7 Prozent zurückgegangen ist.
Vor allem aber bricht der Gewinn ein; VW verdiente in seinen Joint Ventures im Jahr 2018 noch 4,6 Mrd. Euro, während sich der Gewinn im Jahr 2023 auf 2,6 Mrd. Euro belief und im ersten Halbjahr 2024 sogar nur bei 0,8 Milliarden Euro lag.
Bei Mercedes-Benz brach der Gewinn im ersten Halbjahr um 15 Prozent auf 645 Millionen Euro ein. Lediglich BMW konnte die rasch sinkenden Verbrenner-Stückzahlen durch ein Plus bei Elektroautos um 20 Prozent ausgleichen.[11]
Die EU-Entscheidung kommentieren deutsche Autokonzerne mit den Worten, dass es ein fatales Signal für die europäische Autoindustrie sei. [12]  Der VW-Chef verlangt, die Suche nach einer Verhandlungslösung fortzusetzen.

Die Zeichen stehen auf Einstieg in einen Handelskrieg, der am Ende vor allem die Verbraucher der handelstreibenden Länder belasten wird.

 

 

[1] https://www.isw-muenchen.de/online-publikationen/texte-artikel/5306-eu-und-der-gewollte-handels-protektionismus-zollerhebung-auf-chinas-e-fahrzeuge

[2] China verhängt Anti-Dumping-Maßnahmen auf EU-Brandy. handelsblatt.com 08.10.2024.

[3] Philip Blenkinsop: EU presses ahead with Chinese EV tariffs after divided vote. reuters.com 04.10.2024.

[4] https://www.scmp.com/economy/global-economy/article/3281557/china-hits-out-eu-brandy-threat-signals-car-probe-days-after-ev-tariff-vote

[5] https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9711

[6] A.a.O. https://www.isw-muenchen.de/online-publikationen/texte-artikel/5306-eu-und-der-gewollte-handels-protektionismus-zollerhebung-auf-chinas-e-fahrzeuge

[7] A.a. O. https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9711

[8] https://www.relevante-oekonomik.com/2024/10/07/china-und-die-leyen-spieler/
*) Als Neocons werden die Vertreter des Neokonservatismus bezeichnet, eine politische Bewegung, die in den 1960er Jahren in den Vereinigten Staaten entstand und die amerikanische Außenpolitik insbesondere in den letzten Jahrzehnten maßgeblich beeinflusst hat.

[9] A.a. O. https://www.relevante-oekonomik.com/2024/10/07/china-und-die-leyen-spieler/

[10] Ebd.

[11] A.a. O. https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/9711

[12]  VW-Chef fordert Investitionen statt China-Zölle. handelsblatt.com 07.10.2024.