Auf der diesjährigen Weltkonferenz für künstliche Intelligenz,  WAIC, Shanghai bildeten die Ausstellungs-Exponate und technische Erläuterungen der Tech-Giganten Huawei und SensTime von chinesischer Seite sowie der global agierenden Unternehmen Apple, Amazon, und Tesla, die Hauptattraktionen, während das von Microsoft unterstützte Unternehmen OpenAI, der Entwickler des ChatGPT, durch Abwesenheit glänzte.

Träger der Konferenz waren u. a. die Chinesischen Akademie der Wissenschaften, die Chinesischen Akademie für Ingenieurswesen,dier Chinesischen Vereinigung für Wissenschaft und Technologie sowie Volksregierung der Stadt Shanghai, dier Nationale Kommission für Entwicklung und Reform, dasm Ministerium für Industrie und Informationstechnologie, dem Ministerium für Wissenschaft und Technologie sowie  der Staatlichen Cyberspace-Verwaltung Chinas.

Repräsentanten der chinesischen Regierung betonten auf der Konferenz, dass China eine vollständige KI-Wertschöpfungskette entwickeln wolle, die "intelligente Chips und Algorithmus-Frameworks bis hin zu branchenspezifischen großen Sprachmodellen (LLMs)" umfasse. Dabei soll die mehr als 4.300 Unternehmen umfassende heimische KI-Industrie unterstützt werden. In Chinas Finanzmetropole Shanghai ist die Förderung von KI-Innovation durch die Ansiedlung neuer KI-Unternehmen und der Anwerbung entsprechender talentierter Arbeitskräfte für die Chipentwicklung und die Weiterentwicklung von Sprachdatensätzen in vollem Gange.[1]

Die Anwesenden beschäftigten sich in Foren, Vorträgen und Diskursen mit den Themen LLMs (Große Sprachmodelle, (Large Language Models), Halbleiter, wissenschaftliche Intelligenz, Robotik, Metaverse (im Metaverse verschmelzen virtuelle Welt, erweiterte Realität und physische Welt.), autonomes Fahren und Blockchain (ist eine kontinuierlich erweiterbare Liste von Datensätzen in einzelnen Blöcken).

Mehr als 400 Unternehmen zählten zu den Teilnehmern der diesjährigen Weltkonferenz. Laut offizieller Angaben waren unter den Teilnehmern mindestens 30  Unternehemen, die ihre eigenen Sprachmodelle (LLMs) entwickeln, welche als Treiber für Produkte wie ChatGPT gelten.[2]  Die Konferenzteilnehmer Huawei und SensTime stehen auf der US-amerikanischen Sanktionsliste, während gleichzeitig der Chipdesign-Gigant Qualcomm als einziges US-Unternehmen als einer der 22 "Elitepartner“-Sponsoren auftrat.

Auch China scheint in hohem Maße auf KI als wichtigen Katalysator für die Umgestaltung der lokalen Industrien und die Ankurbelung der stotternden Wirtschaft des Landes zu setzen.

Generative KI bezieht sich auf Algorithmen, wie sie beispielsweise bei ChatGPT und ähnlichen Diensten zum Einsatz kommen, die neue Inhalte wie Audio, Code, Bilder, Texte, Simulationen und Videos erstellen können.
LLMs sind Deep-Learning-KI-Algorithmen, (Große Sprachmodelle, (Large Language Models), die anhand sehr großer Datensätze Inhalte erkennen, zusammenfassen, übersetzen, vorhersagen und generieren können. Sie stellen die Technologie dar, mit der KI-Chatbots wie ChatGPT von OpenAI trainiert werden.[3]

Nach allgemeiner Einschätzung von internationalen Forschungseinrichtungen kann KI – im günstigsten Fall in enger Verbindung mit menschlicher Arbeitskraft –  ein wesentlicher Bestandteil des Arbeitsplatzes und des Alltags  werden, was allerdings tiefgreifende gesellschaftlichen Veränderungen  und Auswirkungen auf Wirtschaftswachstum und sozio-kulturelle Beziehungen auslösen kann.

Patt-Situation – die KI-Führungsrolle ist offen

In seinem Jahresbericht über die Entwicklung der neuen Generation der künstlichen Intelligenz (2022-2023) erklärte der China Economic Information Service, dass der chinesische KI-Technologiesektor bereits in die globale Spitzengruppe aufgestiegen ist und etwa 16 Prozent der weltweit in dieser Technologie tätigen Unternehmen ausmacht.

Nicht zu übersehen ist allerdings, dass die US-Administration öffentlich erklärt, bereits in vollem Umfang an verschärften neuen Vorschriften zu arbeiten, um den Kapital- und Informationsfluss in sensible Technologien wie Halbleiter und KI in China einzuschränken. So hat die US-Regierung bereits im vergangenen August ein Verbot für den Export bestimmter Produkte der Chiplieferanten Advanced Micro Devices und Nvidia Corp. nach China verhängt, die ein Beinahe-Monopol auf Grafikprozessoren (GPUs) haben, die zum Training von KI-Systemen verwendet werden. Diese Beschränkungen haben den Fortschritt des Landes bei verschiedenen Spitzenanwendungen behindert, von der Entwicklung von LLM bis zum autonomen Fahren.
Die USA scheinen des Weiteren zu beabsichtigen, chinesischen Unternehmen den Zugang zu amerikanischen Cloud-Computing-Diensten zu beschränken, was Amazon Web Services und Microsoft Corp. daran hindern würde, die Leistung fortschrittlicher KI-Chips zum Nutzen ihrer Kunden in China einzusetzen. Washington Post

Die Auswirkungen auf die weitere Entwicklung der chinesischen Wirtschaft und die KI-Ambitionen bei der wirtschaftlichen Erneuerung sind derzeit nicht absehbar, könnten aber einen neuen Rückschlag erleiden mit Auswirkungen letztlich auf die weitere Konsolidierung der globalen Wirtschaft einschließlich der Lieferketten in der Nach--Corona-Phase.[4]
 
Die US-Bemühungen um eine „Diversifizierung von Lieferketten" auch für die moderne Technologie KI – heißt im Klartext, einen Ausschluss einer im Weltmaßstab die globalen Wirtschafts-beziehungen mitgestaltenden Ökonomie aus den globalen Wirtschafts-Kooperationen  zu erwirken, also die VR-China, kommt m. E. einer Wirtschaftssanktion gleich, die u. a. gegen  internationale Konventionen für Handelsbeziehungen verstößt. Eine inzwischen auf Augenhöhe erfolgende Konkurrenz mit China im Bereich Künstliche Intelligenz soll eingeschränkt werden, indem China ganz nach dem praktizierten US-hegemonialen Muster eine untergeordnete Rolle unter den erblassenden eigenen Führungsanspruch zugewiesen werden soll.

Aber die Rechnung scheint nicht aufzugehen. Die VR China wehrt sich gegen westliche Sanktionen und startet einen ersten umfassenden Gegenschlag gegen den Westen in dessen eskalierenden Wirtschaftskrieg und verhängt Exportkontrollen auf strategische Rohstoffe: Ab dem 1. August werden die Exporte von Gallium und von Germanium strikten Kontrollen unterworfen und sind nur noch mit einer offiziellen Ausfuhr- Lizenz erlaubt.[5]

Beides sind offensichtlich essentielle Stoffe für die Produktion von Halbleitern, Elektroautos und Solarmodulen und damit auch für eine beabsichtigte Energiewende unerlässlich. Die Rohstoffe werden als Beiprodukt der Herstellung von Industriemetallen wie Aluminium oder Zink gewonnen.[6]

Die VR China nimmt bei einer Reihe von wichtigen Rohstoffen, die etwa in die EU geliefert werden, so auch bei Rohgallium, gewissermaßen eine Monopol-Stellung ein:

Die folgende Grafik enthält einen Überblick über die aus China benötigten kritischen Rohstoffe in der EU:

Wichtige Rohstoffe aus China für die EU

Quelle: https://www.handelsblatt.com/politik/international/handelsstreit-supermaechte-wie-europa-chinas-rohstoff-drohung-kontern-koennte/29238424.html?tm=login

Bei der Reinigung und Zusammensetzung des halbisolierten seltenen Metalls zu hochreinen Mittel- oder Endprodukten sind chinesische Unternehmen gegenüber weltweit führenden Unternehmen im Nachteil. Umso dringlicher sind chinesische Politiker darum bemüht, wie beispielsweise Li Qiang, auf dem Worl Economic Forum in Tianjin, einer zunehmenden Politisierung des Welthandels zu begegnen.[7]

Aufgrund der nahezu ausschliesslichen Bereitstellung dieser kritischen Rohstoffe durch China  könnte es für ausländische Lieferanten schwierig sein, ausreichende Mengen an Gallium-Materialien zu beschaffen, da es außerhalb Chinas nur wenige Alternativen gibt.

Wissenschafts-Kritik an KI

Währenddessen mehren sich in den Reihen der mit der KI-Entwicklung vertrauten Wissenschaftlern kritische Anmerkungen und die Sorgen um die möglichen Belastungen der Menschheit durch die voranschreitende KI-Entwicklung.[8]

Der Erfinder von ChatGPT, OpenAI, plant, erhebliche Mittel zu investieren und ein neues Forschungsteam zu gründen, das sicherstellen soll, dass seine künstliche Intelligenz für den Menschen sicher bleibt - und sich schließlich selbst überwacht, wie das Unternehmen am Mittwoch mitteilte.

"Die enorme Macht der Superintelligenz könnte ... zur Entmachtung der Menschheit oder sogar zum Aussterben der Menschheit führen. …..Derzeit haben wir keine Lösung, um eine potenziell superintelligente KI zu steuern oder zu kontrollieren und zu verhindern, dass sie abtrünnig wird."

merkt OpenAI-Mitbegründer Ilya Sutskever, russisch-israelisch-kanadischer Informatiker, Mitbegründer undChefwissenschaftler von OpenAI, an. (9)

Superintelligente KI - Systeme, die intelligenter sind als Menschen - könnten noch in diesem Jahrzehnt entstehen. Um die superintelligente KI kontrollieren zu können, wird der Mensch bessere Techniken benötigen als die derzeit verfügbaren. Daher sind Durchbrüche in der so genannten "Anpassungsforschung" erforderlich, die sich darauf konzentriert, sicherzustellen, dass die KI für den Menschen nützlich bleibt, so die Autoren.

OpenAI, das von Microsoft unterstützt wird, widmet 20 Prozent der Rechenleistung, die es sich für die nächsten vier Jahre gesichert hat, der Lösung dieses Problems, schreiben sie. Darüber hinaus bildet das Unternehmen ein neues Team, das sich um diese Aufgabe herum organisieren wird, das so genannte Superalignment-Team.

Ziel des Teams ist es, einen KI-Alignment-Forscher auf "menschlichem Niveau" zu schaffen und ihn dann durch große Mengen an Rechenleistung zu skalieren. Laut OpenAI bedeutet dies, dass sie KI-Systeme mit menschlichem Feedback trainieren, KI-Systeme als Assistenten für die menschliche Bewertung trainieren und schließlich KI-Systeme für die eigentliche Ausrichtungsforschung trainieren werden.

Der Verfechter der KI-Sicherheit, Connor Leahy, bezeichnete den Plan als grundlegend fehlerhaft, da die anfängliche KI auf menschlicher Ebene Amok laufen und Schaden anrichten.

Die potenziellen Gefahren der KI sind sowohl bei KI-Forschern als auch in der breiten Öffentlichkeit in aller Munde. Im April unterzeichnete eine Gruppe von KI-Branchenführern und -Experten einen offenen Brief, in dem sie eine sechsmonatige Pause bei der Entwicklung von Systemen forderten, die leistungsfähiger sind als OpenAIs GPT-4, und auf mögliche Risiken für die Gesellschaft hinwiesen. Eine Reuters/Ipsos-Umfrage vom Mai ergab, dass mehr als zwei Drittel der Amerikaner über die möglichen negativen Auswirkungen der KI besorgt sind und 61 Prozent glauben, dass sie die Zivilisation bedrohen könnte.

Auf der Weltkonferenz für künstliche Intelligenz in Shanghai kündigten die chinesischen Behörden an, einen nationalen Standard für große Sprachmodelle zu schaffen und umzusetzen, um die KI zu regulieren. [10]

Eine umfassend geführte Debatte um KI und die sich bereits abgezeichneten Einsatzgebiete und der sich neu ergebenden Einsatzbereiche scheint in Begleitung zu den nahezu unaufhaltsamen Weiterentwicklungen der Technologie dringend erforderlich.
Dabei scheint es darauf anzukommen, abzuwägen, in welchem Maße KI-Anwendungen dazu beitragen können und eingesetzt werden sollten, um ganz allgemein zu einer Freisetzung von Zeit und Kapazität der in Arbeitsprozesse eingebundenen Lohnbeschäftigten beitragen kann.
Darin sehen auch wir  vom isw eine unserer Aufgabenstellungen, uns der Thematik anzunehmen.

Veranstaltungshinweis

[1] https://www.scmp.com/tech/tech-trends/article/3226429/chinas-biggest-ai-conference-kicks-week-qualcomm-sole-us-sponsor-amid-escalating-tech-rivalry?

[2 ]https://www.scmp.com/tech/big-tech/article/3226808/china-asserts-ai-development-goals-shanghai-conference-beijing-braces-potential-new-us-tech

 
[3] https://www.isw-muenchen.de/online-publikationen/texte-artikel/5107-personalabbau-per-kuenstlicher-intelligenz-ki-im-axel-springer-verlag

[4] https://www.scmp.com/tech/tech-war/article/3226536/chinese-cloud-computing-services-provider-ucloud-flags-risk-securing-orders-nvidias-advanced-chips

[5] https://www.isw-muenchen.de/online-publikationen/texte-artikel/5112-chinas-erster-gegenschlag

[6] https://www.handelsblatt.com/politik/international/handelsstreit-supermaechte-wie-europa-chinas-rohstoff-drohung-kontern-koennte/29238424.html

[7] ebd.

[8] https://fkt42.de/blog/kuenstliche-intelligenz-kritik/

https://www.mdr.de/wissen/kuenstliche-intelligenz-gefahren-102.html

https://www.sueddeutsche.de/digital/technologie-fuehrende-forscher-warnen-vor-kuenstlicher-intelligenz

[9] https://www.welt.de/wirtschaft/article246243336/ChatGPT-Entwickler-warnen-vor-Aussterben-der-Menschheit-durch-KI.html

[10] https://www.scmp.com/tech/policy/article/3226942/china-create-and-implement-national-standard-large-language-models-move-regulate-ai-while-using-its?utm_medium=email&utm_source=cm&utm_campaign=enlz-