Die G7, Gruppe von sieben führenden Wirtschaftsnationen des „Westens“ – USA, Japan, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Kanada – trifft sich zusammen mit Vertretern der EU jährlich, um globale Fragen im Interesse der Reichen Welt anzugehen und in ihrem Sinn zu lösen. Während des Jahres treffen sich regelmäßig die Außen- und Finanzminister, und Sherpas und Sous-Sherpas sind ständig mit der Abklärung der Meinungen und Interessen befasst. Seit ihrer Gründung in Paris vor 47 Jahren hat sich so ein engmaschiges Netz der Kontrolle der internationalen Politik gebildet: die global governance, das globale Regiment der Reichen Welt. Dieses Jahr ist, wie sieben Jahre zuvor, die deutsche Regierung der Gastgeber und Schloss Elmau der Ort der Tagung. Fünf Schwerpunkte hat die Bundesregierung der Tagung vorgegeben, in denen „Fortschritte“ erzielt werden sollen. Eine kurze Prüfung der propagierten Ziele erweist, dass die G7-Länder keine Lösung der globalen Probleme zur Hand haben – sondern dass sie selbst das Problem sind.
1. Für einen nachhaltigen Planeten
Tatsächlich gehören die G7-Länder zu den mit Abstand schlimmsten Umweltsündern. Bis auf Kanada gehören alle G7-Staaten zu den zehn Übelsten. Würde die ganze Menschheit die Lebensweise der US-AmerikanerInnen pflegen, brauchte man die Erde in fünffacher Ausfertigung. Die Propagandaformel der deutschen Regierung, es gelte, „dem Klimawandel als Treiber für Armut, Hunger, Geschlechterungerechtigkeit, Konflikte und Vertreibung weltweit entgegenzuwirken“, ist ein Zynismus sonder-gleichen. Die G7 sind die Hauptakteure der Umweltverschmutzung, und am Rio Grande wie im Mittelmeer haben sie Todesmaschinen gegen die Vertriebenen eingerichtet.
2. Wirtschaftliche Stabilität und Transformation
Die deutsche Präsidentschaft behauptet, sie wolle sich stark machen „für ein …soziales und gerechtes globales Wirtschaftssystem“. Auch dies ist eine Propaganda-Lüge. In der von der G7 weithin dominierten internationalen Ordnung gehören sie selbst zum reichen Teil der Welt, während die Schwellen- und Entwicklungsländer allesamt zum armen Teil gehören. Das Pro-Kopf-Einkommen der USA ist 10mal höher als das von Ghana oder Nicaragua, 20mal höher als das von Kongo oder Haiti, 50mal höher als das von Mosambik oder Liberia. Die Bewohner Nordamerikas und der Eurozone haben ein 13mal höheres Durchschnittseinkommen als die Bewohner von Subsahara-Afrika. Das grund-legende Merkmal sozialer Ungerechtigkeit finden wir in den reichen Ländern selbst, die angeblich längst zu Sozialstaaten gereift sind. Tatsächlich haben in Deutschland die reichsten 10 Prozent ein 7mal höheres Einkommen als die ärmsten 10 %. In den USA, dem „Führer der freien Welt“, beträgt dieses Verhältnis der sozialen Ungleichheit, sogar 18. Wenn die G7 ein „soziales und gerechtes globales Wirtschaftssystem“ als ihr Ziel ausrufen, dann fragt man sich, warum sie nicht längt damit bei sich zu Hause begonnen haben.
3. Ein gesundes Leben
Das dringendste Ziel sei, behauptet der G7-Gastgeber, die Covid-19.Pandemie zu bekämpfen und für zukünftige Pandemien vorzusorgen. Tatsächlich befindet sich die Welt nach zwei Jahren „Corona“ nicht zuletzt wegen der Maßnahmen der reichen Länder in verheerender Verfassung. Arme Welt gegen Reiche Welt: BIP - Rangliste / Rang Pro-Kopf-EinkommenDie G7-Länder befinden sich alle in der Spitzengruppe: USA Nr. 2, Japan Nr. 4, Deutschland Nr. 5, Frankreich Nr. 9, Großbritannien Nr. 10, Italien Nr. 11. Mit China, Indien, Indonesien, Brasilien haben sich vier Länder des „Südens“ unter die ersten Zehn geschoben. Mit Russland zusammen erreichen diese Länder ein wirtschaftspolitisches Patt gegen die G7. Misst man die Länder nach Pro- Kopf-Einkommen, dann liegt Russland auf Platz Nr. 72, alle übrigen befinden sich in der zweiten Hundertschaft der Welt.Es sind arme Länder, die sich im internationalen Wettbewerb gegen die reichen, industriell höher entwickelten Gesellschaften behaupten müssen. China ist nach dem Kaufkraft-BIP an den USA vorbeigezogen, hat aber auch eine mehr als vierfach größere Bevölkerung. Die Länder des Südens und Russland sind zwar arm, aber ihr Anteil am Welt-BIP wächst ständig, während der der reichen Länder sinkt. Die G7-Länder stellten vor 20 Jahren noch zwei Drittel des Welt-BIP, heute sind es nur noch 45%. China hat seinen Anteil am Welthandel seit 2000 von 4 auf 13% erhöht, der Anteil der USA ist von 16 auf knapp 11 gesunken. In der Welt-Arena stehen die Länder mit einem höher entwickelten Wirtschaftsstand den weniger entwickelten gegenüber. Die G7 ist die politische Agentur des reichen „Westens“ gegen den immer stärker aufkommenden „Süden“. „Global Citizen“ hat diese Rechnung aufgemacht:
- 97 Millionen Menschen mehr wurden in die absolute Armut gestoßen.
- Die Milliardäre wurden 54 % reicher während der Pandemie.
- Die Pharma-Konzerne, die Covid-19-Impfstoffe herstellen, verdienen in jeder Minute 65.000 $.
- 118 Länder haben die Impfziele der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nicht erreicht.
- 60% der Niedrig-Einkommen-Länder sind in der Zone des höchsten Schulden-Risikos.
- Eine Handvoll reicher Länder erhält 68% der Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds, während die 44 ärmsten Länder nur 7% erhalten.
- Die Entwicklungsländer werden 3,5 Billionen $ an Unterstützungsgeldern brauchen, um die globalen Entwicklungsziele 2030 der UN zu erreichen. Doch schon vor der Pandemie standen sie vor einem Finanzierungsloch von 2,5 Billionen $.
- Weniger als 20 Länder haben die volle Impfstoff-Produktionskapazität und sie weigern sich, auf ihre Patentrechte zu verzichten.
- Nur 13 % der Bevölkerungen der Niedrig-Einkommensländer sind geimpft. Allein in Afrika sind über eine Milliarde Menschen ohne eine einzige Impfung.
- Die reichen Länder beharren nicht nur auf ihren Patentrechten, sie liegen auch weit zurück hinter ihren Zusagen, Impfstoffe zu liefern. Die G7-Länder haben nur zwischen 10% ihrer Zusagen (Großbritannien) und 28% (Japan) auch wirklich geliefert.
Land | BIP - Kaufkraftparität $ | BIP pro Kopf Rang | |
1 | China | 23.009.780.000.000 | 102 |
2 | USA | 19.846.720.000.000 | 17 |
3 | Indien | 8.443.300.000.000 | 163 |
4 | Japan | 5.224.850.000.000 | 41 |
5 | Deutschland | 4.238.800.000.000 | 26 |
6 | Russland | 3.875.000.000.000 | 72 |
7 | Indonesien | 3.130.000.000.000 | 132 |
8 | Brasilien | 2.989.430.000.000 | 110 |
9 | Frankreich | 2.832.170.000.000 | 38 |
10 | Großbr. | 2.797.999.999.999 | 40 |
11 | Italien | 2.393.900.000.000 | 45 |
12 | Türkei | 2.393.000.000.000 | 68 |
13 | Mexiko | 2.306.320.000.000 | 95 |
14 | Süd-Korea | 2.187.000.000.000 | 37 |
15 | Kanada | 1.742.790.000.000 | 34 |
Quelle: CIA, Factbook 21 |
4. Investitionen in eine bessere Zukunft
Es gehe um die „Transformation zu nachhaltigen und klimaneutralen Gesellschaften“, und dafür sei vor allem die „Mobilisierung privater Ressourcen“ erforderlich. Was so angenehm fortschrittlich klingen soll, ist in Wahrheit das brutale Konzept, öffentliche Güter zu privatisieren, zu Waren zu machen. Luft, Gesundheit, Bildung und Erziehung, Mobilität und Verkehr, Wohnen, Grund und Boden werden „kommodifiziert“. Nicht der Bedarf, sondern die Kaufkraft des einzelnen Konsumenten regelt die Verteilung. Der Yale-Professor Timothy Snyder hat Corona die „amerikanische Krankheit“ genannt, weil ein privates Gesundheitssystem die Menschen selbst in einer Pandemie nach Einkommen und Kaufkraft behandelt oder darben lässt. Big Pharma und Big Health, Pfizer und Bayer regeln Medikamente und Krankenhausversorgung, private Heime bieten beste Pflegesätze ab 8.000 Dollar/Euro monatlich; Big Finance wie GoldmanSachs und BlackRock regeln Finanzen und Geldzufluss; BlackRock aus der New Yorker WallStreet ist Großaktionär bei fast allen DAX-Unternehmen; Bill Gates arbeitet an der totalen Kontrolle der Menschen einmal durch Einführung eines Gesundheitspasses für alle, zum anderen durch die Einführung von elektronischem Geld, was den Zentralbanken die Kontrolle über alle Geldvorgänge ermöglichen würde; Höchstbildung ist nur noch bei Big Ivy League (Efeuliga heißen die acht renommiertesten Unis in den USA, allen voran Yale und Harvard), wo ein Studienplatz gegen 80.000 Dollar im Jahr zu haben ist. Der Ablauf ist immer der gleiche. Man nennt es, wie die Berliner Regierung, „Mobilisierung privater Resssourcen“, in Wahrheit übergibt man fundamentale Elemente des gesellschaftlichen Lebens und der persönlichen Wohlfahrt dem profitstrebenden großen Kapital. Wenn privates Kapital mobilisiert werden soll, heißt das für die Bürger: Gefahr im Verzug. Wirtschaftskraft schwindet – Militärstärke wächst – damit die Gefahr eines Krieges.
Gesamtrüstungsausgaben/Nuklearwaffen
Gesamt-Rüstungsausgaben | einsatzbereite Atomsprengköpfe | sonstige Atomsprengköpfe | ||
Land | Land | |||
1.USA | 801 Mrd. $ | 1.USA | 1800 | 3750 (ges.: 5550) |
2.China | 293 Mrd. $ | 2.Russland | 1625 | 4630 (ges.: 6255 |
3. Indien | 76,6 Mrd. $ | 3.Frankreich | 280 | 10 (ges.: 290) |
4.Großbr. | 68,4 Mrd. $ | 4.Großbr. | 120 | 105 (ges.: 225) |
5.Russland | 63,9 Mrd. $ | 5.China | - | 350 |
6. Frankreich | 56,6 Mrd. $ | 6.Pakistan | - | 165 |
7. Deutschland | 56,0 Mrd. $ | 7.Indien | - | 156 |
8.Saudi-Ar. | 55,6 Mrd. $ | 8.Israel | - | 90 |
9. Japan | 54,1 Mrd. $ | 9.Nordkorea | - | 40-50 |
Gesamt- Welt | 2.100 Mrd. $ | 3.825 | 9.255 (ges. 13.080) | |
Quelle: SIPRI Yearbook 2021; Statista Research Department, 26.4.2022 |
Über 38% der Weltrüstungsausgaben entfallen auf die USA. An einsatzbereiten Nuklearwaffen steht allein Russland den G7-Mächten gegenüber. Das nukleare Patt zwingt die Staaten, allenfalls ihre konventionellen Kräfte ins Feld zu führen. 152mal haben die USA ihre konventionelle Übermacht seit 1993 zu „Auslandseinsätzen“ genutzt. In Afghanistan haben sie mit Deutschland und der ganzen Nato „am Hindukusch die Freiheit verteidigt“ (so der damalige SPD-Verteidigungsminister Struck). Zu einem ähnlichen Fall entwickelt sich die Ukraine. Auch hier sollen nun bis zum letzten Ukrainer „unsere freiheitlichen Werte“ verteidigt werden. Ist Russland geknackt, richten sich alle Rohre auf China, das Präsident Biden schon offiziell zum Hauptkontrahenten ausgerufen hat.
5. Ein starkes Miteinander
Man werde, versichert Berlin, „die Rolle der G7 als Brückenbauer und Vermittler für Frieden und Sicherheit stärken“. Eine dreiste Propagandalüge der G7. Die Nato hat ihren Status als Verteidigungsbündnis längst verloren. Sie ist eine aggressive globale Eingreiftruppe mit Einsätzen u.a. im Kosovo und sonstigen Ex-Jugoslawien (Bosnien & Herzegowina, Mazedonien), Libyen, Afghanistan und Irak. Ihre stete Osterweiterung – alle Mitgliedstaaten des Warschauer Paktes außerhalb der früheren Sowjetunion sind heute Mitglied der Nato – haben in Russland zu einer Einkreis-Bedrohung geführt, die Putin zur propagandistischen Begründung seiner ebenso kriminellen und für die gesamte Arme Welt schädlichen Invasion in die Ukraine verhalf. Der Ukraine-Krieg ist jetzt zu einem Testfall für die internationale Ordnung geworden. Würde die Ukraine den Krieg verlieren, wäre Amerikas Anspruch „als Schutzmacht des Westens geschwächt, wenn nicht gar ad absurdum geführt“ (Süddeutsche Zeitung). Die SZ fährt fort: „Dieser Krieg ist aus der Perspektive Washingtons der Testlauf für den weit brisanteren Weltkonflikt zwischen China und den USA“. Darum geht es. Gelingt den USA und Co., Russland in die Knie zu zwingen, es aus der Gleichung Reiche Welt gegen Arme Welt herauszunehmen, dann hat die Arme Welt insgesamt einen schweren Schlag erlitten. Sie braucht ein Russland, das seine Kraft behält, aber zurückfinden muss zu den Prinzipien der friedlichen Koexistenz. Die G7 löst die Weltprobleme nicht – sie ist selbst das Hauptproblem. Eine weiterführende Analyse erscheint demnächst.