Die Halbzeitwahlen zum US-Kongress haben der Demokratischen Partei zum ersten Mal seit 2010 wieder die Mehrheit im Abgeordnetenhaus gebracht. Im Senat konnten die Republikaner dagegen ihre bisherige Mehrheit noch ausweiten. Damit sind die Projekte, die in der Trump-Propaganda ganz oben stehen, aber der Zustimmung des Hauses bedürfen – vor allem die Mauer an der Grenze zu Mexiko und die Zerschlagung von Obamacare, dem staatlichen Gesundheitsdient – in weite Ferne gerückt. Doch braucht die Verabschiedung internationaler Verträge wie auch die Besetzung der höchsten Richterstellen und Kabinettsposten nur die Zustimmung des Senates, hängt also letzten Endes von den Stimmen der republikanischen Senatoren ab. Für den Trumpschen Wirtschaftskrieg, für das neue atomare Wettrüsten, für die Sabotage der Klimaabkommen besteht im US-Kongress also nach wie vor „Freie Fahrt“.

Denn die Republikanische Partei ist mehr pro Trump denn je. Trump hat mit seinem mächtigen Wahlkampfendspurt den republikanischen Kandidaten ins Senatorenamt geholfen, auf die es vor allem ankam: in Indiana, North-Dakota, Missouri, Tennessee und Texas. In Texas half er dem womöglich noch rechts von ihm stehenden Ted Cruz ins Amt gegen den neuen Hoffnungsträger der Demokraten, Beto O’Rourke. In Florida und Ohio, zwei zentralen Staaten für die Präsidentschaftswahlen 2020, war Trump der erste Wahlhelfer für die siegreichen republikanischen Gouverneurskandidaten.

Dennoch geben die midterm-Wahlen noch keinen verbindlichen Hinweis auf die nächsten Präsidentschaftswahlen. Dass die Partei des amtierenden Präsidenten zur Halbzeit verliert, ist die Regel. Seit dem Ende des 2. Weltkriegs hat sie durchschnittlich 26 Sitze im Haus bei diesen Wahlen verloren. Trump liegt also im Trend. Doch haben die drei Rust Belt-Staaten – Wisconsin, Pennsylvania und Michigan – die Hillary Clinton zuletzt den Wahlerfolg kosteten, diesmal sowohl bei den Senatoren- wie den Gouverneurswahlen für die demokratischen Bewerber gestimmt. Würden die 46 „Wahlmänner“ der drei Staaten auch 2020 auf den Kandidaten der Demokraten fallen, wäre er oder sie Wahlsieger, sollten die übrigen Hillary-Clinton-Wähler gehalten werden.

Doch ist nicht nur das ganze Land zerrissen: Weiße und Schwarze, Evangelikale und Andersgläubige, Stadt- und Landbevölkerung, Rednecks und Intellektuelle, Männer und Frauen finden sich überwiegend in feindlichen Lagern. Beispiel Bildungsstand: die WählerInnen der Demokraten haben zu 54% einen College-Abschluss, die der Republikaner nur zu 39%. Beispiel Geschlecht: 59% der Demokraten-WählerInnen sind weiblich, nur 39% der Republikaner. Der typische Republikaner-Wähler ist weiß, männlich, älter, schlechter ausgebildet, lebt auf dem Land.

Die Zerrissenheit hat auch die Demokratische Partei erfasst. Hier stehen einander gegenüber die sogenannten Zentristen um Hillary Clinton und Barack Obama und neuerdings lautstark Joe Biden und auf der anderen Seite die Linken. Die Haupt-Repräsentanten der Linken sind durch die Wahl gestärkt worden. Elizabeth Warren und Bernie Sanders haben ihre Senatorensitze in Massachusetts und Vermont souverän verteidigt (Sanders mit 67,4% der Stimmen), Alexandria Ocasio-Cortez, die 29-jährige „demokratische Sozialistin“ aus New York hat den Einzug ins Abgeordnetenhaus klar geschafft. Bernie Sanders ist die Nr. 1 unter den linken Demokraten. Er wurde vor zwei Jahren als Gegenkandidat von Hillary Clinton von den „Zentristen“ aus dem Rennen geworfen. Nun läuft erneut eine Kampagne gegen Sanders an, er sei mit 77 Jahren zu alt. Als neuer „Favorit“ wird Joe Biden gehandelt, Obamas Vize-Präsident, der ganze zwei Jahre jünger als Sanders ist.

Sollte es primär auf das Geburtsdatum ankommen, hätten die Demokraten mehr zu bieten. Beto O’Rourke ist 46 Jahre alt, Andrew Gillum, der schwarze Bürgermeister von Tallahassee, der bei den Gouverneurswahlen in Florida hauchdünn unterlag, 39. Beide stehen links vom Zentristen Biden.

Linke Publizistik hierzulande tut sich schwer mit dem Einschätzen von Trumps Politik und seinen Wahlkämpfen. Man fürchtet offenbar, eine Kritik an Trump fördere die Position der „bürgerlichen“ Trump-Gegner. So erklärt sich auch der Titel der NachDenkSeiten zu den Wahlen: “USA: Rationale Politik stand nicht zur Wahl”. Trump hat die Wahl selbst mit aller Kraft zu einem Referendum über seine Politik gemacht. Der linke Sanders mit seinem Aufruf zu einer Internationale gegen die Multinationalen Konzerne, für ein umfassendes öffentliches Gesundheitswesen, für Abrüstung, für Klimaschutz, gegen weitere Politik für Reiche und Konzerne und gegen Fremdenhass und auf der anderen Seite Trump, der Rassist, der Fremdenhasser und Frauenverächter, der Hochrüster und Atomkriegsstratege und Klimanotstandsleugner – keine Alternative?