Der Frühling kommt! Endlich. Ein Moderator im Radio freut sich über schönes Wetter, und die Menschen auf den Straßen genießen die Sonne. Aber gibt es das noch – „schönes Wetter“? Wie sprechen wir in Zeiten des Klimawandels über Frühlingssonne und Sommer-Badespaß? Das Onlinemagazin Übermedien stellte diese Frage schon vor Jahren. Das Fazit: Das Gute-Laune-Wetter hat ein Schlechte-Laune-Problem.

„Früher war das Wetter ein einfacheres Thema“, meint Silke Hansen, Leiterin des Wetterkompetenzzentrums der ARD. Jetzt sei das anders. „Heute muss man immer mitdenken, wenn man über einen schönen Sommertag spricht.“
Denn der Klimawandel hat das Wetter politischer gemacht, den Wetterbericht auch.
ZDF-Wettermoderator Özden Terli spricht jedenfalls nicht mehr von „schönem Wetter“.
40 Grad Hitze und trockene Sommer seien Folgen des Klimawandels und sollten auch als solche gezeigt werden. Das sei Teil des Wetterberichts, meint der Diplom-Meteorologe in einem Turi2-Podcast.

Für den Klima-Kontext seiner Vorhersagen erntet Terli regelmäßig Shitstorms. Der Moderator betreibe Klima­aktivismus, lautet ein Vorwurf. Terli sieht solche Kritik distanziert. „Das Darstellen von Klimafakten ist etwas Neutrales“, meint er, denn „die Physik gilt für alle.“ Außerdem könne man das Wetter nicht als schön bezeichnen, wenn der Bericht neutral sein soll. Denn „schön“, „schlecht“ oder „schmuddlig“ sind Werturteile. Das Wetter ist nichts davon.

Das Klima jedenfalls scheint vor allem ein Stimmungskiller. Klimawandel, Klimakrise, Klimakatastrophe – schon die Wahl der Begriffe macht depressiv. „Es ist eine Krise, die Klimakrise“, beharrt Terli.

Auch Klimajournalist:innen fordern, das Kind beim Namen zu nennen. Immerhin geht es um die Zerstörung unseres Planeten. Egal wie man die verpackt, „schön“ ist sie nicht. Trotzdem werde über Wetterextreme immer wieder unpassend berichtet, kritisiert Klimajournalistin Leonie Sontheimer. Zum Beispiel Badespaß-Fotos zu Hitze-Meldungen. Passendere Bilder seien Menschen im Alltag, also Familien vor Ventilatoren oder schwitzende Pendler:innen in der U-Bahn, meint sie. So werden Hitzewellen auch bildlich so ätzend wie in der Realität.

Was gibt es denn Wichtigeres als das Klima?

Doch trotz Hitze, Starkregen und Wasserfluten hat es das Klima in den deutschen Medien schwer. Wirtschaft, Sport, die Krönung Charles des Dritten – sie bekommen lange Sendeblöcke, das Klima nicht mal fünf Minuten. Die Initiative Klima vor acht will das ändern. Die Klimakrise werde medial nicht als Krise behandelt, kritisiert die Initiative. Es fehlten Hintergründe und Perspektiven, die Lust auf eine lebenswerte Zukunft machen. Seit Jahren fordert sie deshalb Primetime fürs Klima – kurz, prägnant und qualitativ hochwertig. Frei nach dem Motto: Was interessiert die „Börse vor acht“, wenn das Klima den Bach runtergeht?

Laut Silke Hansen liege der Trick in der Klimaberichterstattung wohl in der richtigen Dosierung: Zu wenig führe zu Unwissen, zu viel zu Abstumpfung. Trotzdem dürften Meteorologen nicht „als Klima-Alarmisten rüberkommen“, unterstreicht Katja Horneffer, Leiterin des ZDF-Wetterteams. Aber warum eigentlich nicht? Was gibt es denn Wichtigeres als das Klima und wen Besseres als Alarmisten mit Faktenwissen und Publikum? Keine Stellung zu beziehen, ist auch keine Lösung. Und die Schönwetterzeiten sind eh vorbei.

Anmerkung:
Erstveröffentlichung Berliner Zeitung
https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/stimmungskiller-klima-das-wetter-ist-jetzt-politisch-meteorologen-li.346180