Die US-Midterms haben zwei herausragende Ergebnisse gezeigt. Zum einen gewannen die Republikaner eine knappe Mehrheit im Repräsentantenhaus, doch behalten die Demokraten ihre Mehrheit im Senat. Damit kann Präsident Boden seine Außenpolitik – internationale Verträge müssen vom Senat ratifiziert werden - fortsetzen; doch können alle wesentlichen inländischen Gesetzesvorhaben jetzt vom Haus blockiert werden – Gesetze zum Haushalt und zur Wirtschaftspolitik müssen vom Repräsentantenhaus initiiert werden. Die von Trump unterstützten 300 Kandidaten in den Bundes- und Einzelstaatenwahlen kamen mehrheitlich nicht durch. Trumps Bewerbung als Präsidentschaftskandidat ist gefährdet, denn sein Rivale Ron DeSantis wurde in Florida mit über 59% zum Gouverneur wiedergewählt und gilt nun als „Trump mit Gehirn“ als die Hoffnung der Parteiführung. Mit Hinweis auf Trump hat Biden zum Schrecken der Parteigewaltigen der Demokraten erklärt, dass er zu einer Wiederwahl bereit wäre. Diese und die Murdoch—Medien (u.a. Fox News, New York Post) trommeln für DeSantis. Das zweite bemerkenswerte Ergebnis: Es hat sich keine „rote Welle“ (rot = Parteifarbe der Republikaner) hochgetürmt, was vor allem den jugendlichen und weiblichen Wählern und solchen Kandidaten der Demokratischen Partei zu verdanken ist, die die Unterstützung von Gewerkschaften und Volksbewegungen fanden. So wurden alle Mitglieder der „Squad“ genannten linken Formation um Alexandria Ocasio-Cortez (AOC) mit großen Mehrheiten wiedergewählt. Der Anteil an Fortschrittlichen und an „demokratischen Sozialisten“ ist insgesamt gewachsen. Bernie Sanders: „Im US-Repräsentantenhaus wird es jetzt mehr Progressive geben als je zuvor in der jüngeren Geschichte.“ Bisher ist der Congressional Progressive Caucus mit 100 Mitgliedern noch in der Minderheit der bisher 222 Mitglieder starken Haus-Fraktion der Demoraten.
Die Wahl zeigt: Zwei höchst unterschiedliche „Amerikas“ stehen sich gegenüber
Eine Woche nach der Wahl standen noch die Resultate aus 14 Wahlkreisen aus, vor allem in Kalifornien. Seit Mittwoch-Nacht haben die Republikaner mit einem weiteren Wahlsieg in den noch ausstehenden Bezirken, mittlerweile noch 13, mit 218 Sitzen die absolute Mehrheit erreicht. Im Senat steht es 51 zu 48 für die Demokraten, die im Dezember anstehende Wahl des Senators aus Arizona ist für die Macht im Senat bedeutungslos. Die „rote Welle“ war eine Selbstbeschwörungsformel der Trump-Propaganda. In Wahrheit sagten die Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen voraus. Pew Research meldete drei Wochen vor der Wahl 41% für die demokratischen, 40% für die republikanischen Kandidaten. Die Wähler der Republikaner nannten als ihre Hauptgründe die wirtschaftliche Lage, die Gewaltverbrechen, die Außenpolitik und die Einwanderung. Die Hauptmotive der Wähler der Demokraten waren die Zukunft der Demokratie, das Gesundheitswesen, die Abtreibung und die Besetzung des Obersten Gerichts. Hier zeigen sich die Konturen der „zwei Amerikas“. Auf der einen Seite die von der Rezession Beunruhigten, die eine starke Nr. 1 als Rolle der USA in der globalen Arena wünschen, weshalb „Außenpolitik“ ein großes Thema ist. Die im Inneren eine starke Polizei und ein scharfes Grenzregiment gegen Migranten verlangen. Auf der anderen Seite die Demokraten, die sich um die Demokratie sorgen, mehr soziale Leistungen vom Staat erwarten, für das Selbstbestimmungsrecht der Frau eintreten und im Obersten Gericht gerne mehr Vertreter von Demokratie und Gleichheit sehen wollen als die jetzige reaktionäre Mehrheit, die Trump noch hergestellt hat. Dass die Demokraten die Mehrheit im Haus verloren haben, führt Ocasio-Cortez auf die „Korruption“ der regionalen Parteiorganisationen der Demokraten zurück. In New York State, wo mit 26 Wahlkreisen nach Kalifornien und Texas die meisten Abgeordnetenmandate vergeben werden. und diesmal ein miserables Resultat erzielt worden sei, habe diese großkapitalistische Affinität womöglich für den Verlust der Mehrheit in Washington gesorgt. Nur die Kandidaten seien erfolgreich gewesen, die in den sozialen Bewegungen vor Ort aktiv gewesen seien. Sie verlangte eine totale Neuorientierung ihrer Partei im Bundesstaat New York.
DeSantis – ein „Trump mit Hirn“ und ganz rechtsaußen
Die Medien hierzulande freuten sich darüber, dass mit DeSantis eine Person aufgetaucht sei, die Trump in der Republikanischen Partei niederringen könnte. Es sieht aus, als könne der Junge Gouverneur von Florida – DeSantis ist 44 Jahre alt, Trump 76 – mit Unterstützung der Murdoch-Medien und dem Wohlwollen der Hauptmedien des Landes - Trump bei der Wahl zum Präsidentschaftskandidaten Paroli bieten. Doch noch ist Trump längst nicht besiegt, die nächsten Wahlen für eine neue Parteiführung werden erweisen, ob die Trumpisten in der GOP zur Minderheit geworden sind. Sollte DeSantis der nächste Präsident der USA werden, ist die Welt so übel dran wie zur Trump-Zeit. DeSantis hat an den Elite-Unis Yale und Harvard seinen Doktor in Jura gemacht, um anschließend Offizier der Navy zu werden und als Marinerichter mit den Guantanamo-Häftlingen umzugehen und mit dem SEAL Team One am Irakkrieg teilzunehmen. Entlassen u.a. mit der Global War on Terrorism Medal wandte er sich der Politik zu. 2012 kam er ins Repräsentantenhaus, wo er mit anderen Rechtsauslegern den Freedom Caucus bildete, der sich prinzipiell gegen jeden Reformvorschlag von Obama und den Demokraten wandte. 2018 wurde er mit großer Mehrheit (56,5 %) zum Gouverneur von Florida gewählt. Schon zuvor hatte als Anführer seiner Partei einen Volksentscheid im Staat Florida unterlaufen, der früheren Strafgefangenen das Wahlrecht zuerkannte. Das bekommen sie nach der DeSantis-Intervention erst, wenn sie alle ihre Schulden aus dem Prozess zurückbezahlt haben. Er bekämpfte die Covid-Maßnahmen der Regierung und verwahrte sich gegen den „Faucism“ des medizinischen Chefberaters des Präsidenten, Antony Fauci. Er teilte mit, dass Schulleiter, die weiter auf einer Maskenpflicht bestehen, entlassen würden. Er verbot gesetzlich, dass bis zur dritten Grundschulklasse Kindern etwas von der Critical Race Theory berichtet wird. Sie würden psychisch belastet, wenn sie von Untaten ihrer Vorfahren hörten. Zwei Monate vor den Midterms ließ DeSantis Dutzende illegale Immigranten nach Massachusetts fliegen, als Teil eines „Umsiedlungsprogramms“, wie sein Büro mitteilte. Illegale Einwanderer müssten in Schutzzonen gebracht werden und Massachusetts mit seiner Politik der offenen Grenzen sei dafür der richtige Platz. Das machte ihn bei den rechten Kräften seiner Partei endgültig zum kommenden Frontmann. Bis sich die Chance für eine Kandidatur als Präsidentschaftskandidat bot, war DeSantis ein strammer Follower Trumps. Er ist Guantanamo-gestählt und ist der Liebling von Fox-TV, der früher Trumps Hofsender war.
Die USA politisieren die Handelsbeziehungen, sie schaden dabei vor allem Deutschland
Die Bevölkerung der USA steht vor Anschlägen auf ihren längst beschädigten Lebensstandard. Europa, Deutschland zumal, wird sich gegen die andauernde Konfrontationspolitik der USA gegen Russland und vor allem China wappnen müssen. Seit dem 24.02.22, als Russland die Ukraine überfiel, haben die USA 1.683 neue Sanktionen erlassen – vor allem gegen Russland, aber auch gegen Iran, Syrien, Nordkorea, Belarus und Myanmar. Gegen China haben sie u.a. ein Exportverbot für moderne Halbleiter verhängt. Mit ihrem „extraterritorialen Sanktionsregime“ zwingen sie andere Nationen, sich ihrerseits an die Sanktionen zu halten. Denn US-Firmen dürfen nicht mit Firmen aus Staaten Handel treiben, wenn diese sich den Sanktionen nicht anschließen. Das Geschäftsmodell der USA, konkurrierende oder sonst wie missliebige Staaten am Geschäftemachen zu hindern, ist für eine Exportnation wie Deutschland – die Hälfte der deutschen Wertschöpfung geht ins Ausland – absolut fatal. Wenn Deutschland sich gezwungen sieht, die Handelsbeziehungen zu Russland und China zu reduzieren, werden seine kapitalistischen Unternehmen nach anderen Orten Ausschau halten müssen. Und immer auf die global aufgestellte Vor-Macht USA treffen. Heftiger werdende Konflikte im westlichen Lager sind programmiert.