Wer glaubt, man könne jetzt mit einer Milliarde mal schnell Grundwasser retten und Bauern beruhigen, der hat noch immer nicht kapiert, was in der bayerischen, deutschen und europäischen Agrarpolitik schiefläuft. Eine Agrarpolitik, die Jahrzehnte lang die Bauern auf den Weltmarkt zwingt und zu mit hohem Input erzeugten Höchsterträgen – und Leistungen ausbildet, rächt sich jetzt. Alles was diese Entwicklung stoppen könnte, ist eine Umkehr.

Aber ein Weiter so, sicher auch um der Agrarindustrie und den vor- und nachgelagerten Branchen nicht zu schaden, wird die Situation nur noch weiter verschärfen. Wenn auch bisher noch nicht endgültig geklärt ist, wofür diese „Bauern-Milliarde“ – der Name an sich ist schon eine Frechheit – verwendet werden soll, so ist doch davon auszugehen, dass in erster Linie Güllelager, Gülletransport, Güllefässer, Gülleseparierung und evtl. ein paar Agrarumweltmaßnahmen gefördert werden.

Um diesen Irrsinn zu verstehen, muss man ein bisschen ins Detail gehen: Die Düngeverordnung von 2017 soll ein Instrument sein, um die Nitratwerte im Grundwasser und die Amoniak-Ausgasungen aus der Landwirtschaft zu reduzieren. Sollten die Maßnahmen nicht wirksam sein, drohen Deutschland Strafzahlungen an Brüssel von 800.000 € täglich. Nun ist es schon sehr erstaunlich, dass erst dieser Druck aus Brüssel notwendig war, dass die Politik in Deutschland den Handlungsbedarf überhaupt erkannte.

Zur Düngeverordnung

Anhand eines gelben Heftes, in dem die Bedarfsmengen für die einzelnen Feldfrüchte aufgeführt sind, muss nun jeder Bauer eine Düngebedarfsermittlung erstellen – natürlich abhängig vom Ertrag, den er aber zur Zeit der Düngung noch gar nicht wissen kann, weil die Ernte ja bekanntlich nicht nur von der Düngung, sondern viel mehr noch vom Wetter abhängt. Hier schon die erste Fehlerquelle.

Darüber hinaus hat die Wissenschaft schon lange bemängelt, dass der angegebene Bedarf viel zu hoch ist. Prof. Taube von der Carl-Albrechts-Universität in Kiel hat errechnet, dass pro Hektar und Jahr ca. 100 Kg Stickstoff (der sich dann zu Nitrat umwandelt) zu viel ausgebracht werden. Und eine Studie des Verbandes der landwirtschaftlichen Untersuchungs- und Forschungsanstalten ist in 15-jährigen Feldversuchen zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Reduktion des Stickstoffes um 40% im Durchschnitt nur zu einer Verringerung des Ertrages um 10% führt.

Genau diese wichtigen Erkenntnisse finden weder in der Düngeverordnung noch in der landwirtschaftlichen Ausbildung Niederschlag.

Zur Ausbringung

Da eine Zwischenfrucht (wird nach der Hauptfrucht z.B. Getreide in den Monaten Juli-August ausgesät) nicht mehr gedüngt werden darf, reduziert sich die Zeit, in der Dünger ausgebracht werden darf im Ackerbau auf drei bis vier Monate. Dafür sollen nun die größeren Güllebehälter gebaut werden. Aber schon der gesunde Menschenverstand sagt einem, dass damit ja die Menge nicht weniger wird.

Dazu muss man noch wissen, dass die Kosten für die jeweilige Investition meist in etwa um den Betrag steigen, wie es Zuschuss gibt. Zufall?

Zudem darf Gülle auf bestelltem Acker ab heuer nur noch bodennah ausgebracht werden (im Grünland ab 2025), was einer immensen Kapitalspritze für die Landmaschinenindustrie gleich- kommt. Die durch viele Bauern und Bäuerinnen ertüftelten und über viele Jahre erprobten Alternativen, wie z.B. Güllebehandlung mit Steinmehl oder effektiven Mikroorganismen, was auch zu einer Reduktion der Amoniakausgasung führt, wird nicht zugelassen. Nein, es müssen ja immer technische „Lösungen“ her, die uns Bauern viel Geld kosten.

Gülletransporte

Wenn nun landwirtschaftliche Betriebe zu viel Tiere halten im Verhältnis zu ihrer Fläche, dann muss die Gülle und vor allem auch das Gärsubstrat der Biogasanlagen zu Flächen transportiert werden, die die Gülle noch aufnehmen können – zumindest auf dem Papier. In großem Stil passiert das bereits von Niedersachsen nach Mecklenburg-Vorpommern, aber auch in Bayern kann man immer mehr von diesen Güllelastern sehen. Nun soll dieser Transport wohl gefördert werden.

Sinnvoller wäre eine flächengebundene Tierhaltung mit max. zwei Großvieheinheiten pro Hektar (1 GV entspricht ca. 1 Kuh). Die Verkürzung der Ausbringzeit zusammen mit vermehrter Dokumentationspflicht und überbürdender Bürokratie kann niemals zum Ziel führen. Vielmehr müsste die Höhe der Mineraldüngermengen reduziert werden, was aber in der neuen Düngeverordnung nahezu unkontrollierbar bleibt.

Ist es Naivität oder Kalkül? Mir scheint, diese Düngeverordnung ist genau so konzipiert, dass das bestehende System erhalten bleibt und man versucht, mit ein paar kleinen Stellschräubchen den Strafzahlungen der EU zu entkommen. In die Reihe der visionslosen Agrarpolitik und der stümperhaften Düngeverordnung passt das rausgeschmissene Geld der „Bauern-Milliarde“ ausgezeichnet. Sie wird nur dazu dienen, Bauern und Verbraucher noch weiter auseinander zu bringen.

Je länger die Politik und ihre Fachbehörden sich nicht eingestehen, dass dieses System geradewegs auf eine Wand zufährt und sich weigern, wirksamen Maßnahmen zu ergreifen, desto teurer, schmerzhafter und schwieriger wird es letztendlich sowohl für die Steuerzahler als auch für die Bauern. Und desto mehr Schaden wird entstehen am Grundwasser, der Artenvielfalt, der Bodenfruchtbarkeit, der ganzen Natur und damit auch an den Menschen.