Fast eine ganze Woche lang berieten die knapp 1.000 Delegierten aus allen jetzt noch 13 Fachbereichen, nahezu ausnahmslos ehrenamtliche Kolleginnen und Kollegen aus dem gesamten Land, über die bisherige Bilanz von ver.di.  Sie trafen wichtige Entscheidungen über ihre zukünftige Führung und ihre ehrgeizigen Ziele.

Im Mittelpunkt steht die Stärkung der Tarifbindung. „Es ist nicht hinnehmbar, dass nur noch jeder zweite Arbeitsplatz durch Tarifverträge geschützt ist“ stellte der neugewählte verdi Vorsitzende Frank Werneke fest, was angesichts von 26500 Tarifverträgen in den ver.di Bereichen natürlich eine große Herausforderung ist, die diese Gewerkschaft sicher nicht alleine stemmen kann. Hier sind auch politische Entscheidungen notwendig. Diese sind insbesondere im Bereich der Vergabe von öffentlichen Aufträgen erforderlich, die ein Volumen von 400 Milliarden € jährlich ausmachen. Werneke sprach sich auch „gegen eine weitere Entwertung und Entsicherung von Erwerbsarbeit“ aus, und der Kongress hat in diesen Fragen auch klare Entscheidungen getroffen. Leicht hat es sich dieser Bundeskongress nicht gemacht, es wurde leidenschaftlich diskutiert und es wurden klare Entscheidungen getroffen, sowohl was die Wahl der neuen Führung betrifft als auch die inhaltlichen Anträge.

Dabei stand die Forderung nach der Abschaffung der sachgrundlosen Befristung im Mittelpunkt; gegen Leiharbeit wurde als langfristiges Ziel sogar deren Verbot gefordert. Der Mindestlohn muss in einem schnellen Schritt auf 12 € erhöht werden. Zudem muss eine neue Regelung gefunden werden für ein jährliche Anpassung des Mindestlohns. Werneke formulierte in seiner Grundsatzrede als Ziel „Wir wollen Hartz IV überwinden. herumreparieren reicht nicht“ und dafür bekam er viel Beifall.

In vielen weiteren Bereichen wurden klare Beschlüsse gefasst; das reichte vom Kampf gegen Rechts und für Frieden, von der Digitalisierung zur Bildung, von der Jugendarbeit bis zur Verbesserung der Situation der Rentnerinnen und Rentner. Von der Wohnungspolitik bis zur Klimafrage.

„Wir wollen als starke Kraft der organisierten Arbeit die Gesellschaft zum Besseren verändern. Für soziale Gerechtigkeit, Solidarität und Schutz für Mensch und Natur“ fasste Werneke die Ziele von ver.di für die nächste Zeit zusammen und bekam dafür viel Beifall.

Um diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen, muss noch viel verändert werden. Das fängt bei der Gewerkschaft selbst an, denn es muss gelingen, ganz viele Menschen für diese Ziele zu gewinnen. Dass dies möglich ist, zeigen zahlreiche ver.di Bezirke, die mit einer offensiven An-sprache der bisher Unorganisierten eine Wende in der Mitgliederentwicklung erreichen konnten. Wenn diese Entwicklung verbreitert werden kann und bei den Aktionen in den Betrieben, auf den Straßen und Plätzen, in den Stadtteilen und Bildungseinrichtungen die Solidarität wächst, dann sind Erfolge möglich. Wir sollten ver.di dabei kräftig unterstützen!

Ver.di hat derzeit knapp 2 Millionen Mitglieder, doch spannend ist die Entwicklung ihrer Mitgliederzahl in den vergangenen Jahren: Im Massenstreikjahr 2015 (Post und ErzieherInnenstreik) sind 133000 neue Mitglieder eingetreten, in 2016 waren es 107 000 neue Mitglieder, in 2017 111000 und in 2018 122 000. Für 2019 wird mit ähnlichen Zuwächsen gerechnet. Angestiegen sind aber auch die Austrittszahlen, die von 134 000 in 2015 bis auf 141000 Austritte im vergangenen Jahr angewachsen waren.

Die Ursachen dafür sind vielfältig; auffällig ist dabei, dass viele Gewerkschafter am Ende ihres Berufslebens die Gewerkschaft verlassen, nach dem Motto „Gewerkschaft brauche ich nicht mehr“. Dabei ist es doch gerade verdi, die für eine armutssichere Rente kämpft. Viel zu viele geben aber auch in den ersten 5 Jahren ihre Mitgliedschaft zurück. An beiden Punkten will ver.di ansetzen. Dass dies möglich ist, zeigen die ver.di Bezirke mit einer positiven Bilanz von 5% Zuwachs.