Die Leistungsschau der internationalen Automobilindustrie, in Frankfurt zeigte einige auffällige wie bemerkenswerte Besonderheiten. Diese passten so gar nicht in den jahrzehntelang gewohnten Performance-Habitus der Hubraum- und PS- Optimierungs-Gilde, vor allem nicht zu jenen der großen Automobil-Konzerne. Das uneingeschränkte Frohlocken über die weitere Zukunft für den weltweiten Absatz von Automobilen war angesichts der Kritik an der CO2-Klimaschädigung durch den Autoverkehr, der Absatzrückgänge sowie der erkennbaren und zunehmend kritischen Kaufzurückhaltung war einer besorgten Management-Darstellung gewichen. Hinzu kam und kommt demzufolge noch der interne Druck auf die Produktions- und Absatzkosten, der zu auffälligen Einschränkungen auf Seiten der Beschäftigten führen dürfte.

Zur Messezeit waren da zum einen die nicht übersehbaren und lautstarken Proteste der Bewegung „Sand im Getriebe“, eines breit aufgestellten Aktionsbündnisses für Klimaschutz und für eine sofortige Verkehrswende. Das Bündnis hatte bei vielen Gelegenheiten rund um die Automobil-Messe ihre Forderungen nach Klimaschutz, Reduktion des umweltschädigenden CO2 – Ausstoßes des Individuellen Autoverkehrs und stattdessen der Ausbau des öffentlichen Verkehrs unüberhörbar vorgetragen (1, 2, 3).

Die meisten anwesenden Aussteller zeigten zwar ihre gegenwärtige Produktpalette und Zukunftsmodelle in der gewohnten blank polierten Auto-Welt. Aber es war nicht zu übersehen, dass sich die Autohersteller gezwungen sahen, dem seit langem vorgetragenen Vorbehalt gegen die CO2-Emissionen mit Zugeständnissen zu begegnen, indem sie reihum ihre automobilen Prototypen u.a. auch mit Elektro-Antrieb auf den Ständen präsentierten. Das alles geschah allerdings vor dem Hintergrund eines äußerst kritischen und nachdenklichen Branchen-Umfeldes.

Alle Repräsentanten nutzten die Gelegenheit, der Öffentlichkeit und den Medien gegenüber ihre „Grüne Seele“ und ihr verantwortungsbewusstes Handeln in Zukunft stärker auf die Einschränkung der Schadstoff-Emissionen, des Ausbaus der Elektromobilität und der Forschung nach alternativen Antrieben auszurichten. Ein besonderes Anliegen der Autokonzerne und ihrer Verbände war vor allem den staatlichen Fördermitteln und der öffentlichen Bereitstellung der Infrastruktur für den Ausbau der Elektro-mobilität gewidmet. Die Fördergelder seien deshalb notwendig, um die bisher noch in Nischen angebotenen Elektro-Fahrzeuge in allen Fahrzeug-Größenklassen anbieten zu können. Neben der günstigen Besteuerung von Elektrodienstwagen sollte der Absatz von E-PKW u.a. auch durch die Förderung des Gebrauchtwagenmarktes für E-Fahrzeuge sowie die freiwillige Verpflichtung von Staat, Autokonzernen und Stromkonzernen zur Initiierung eines Mobilitätsfonds Elektromobilität angekurbelt werden, um so ein kostenfreies Laden für Elektro-Autos unter 20.000 € zu ermöglichen.

Ein Blick auf die Zulassungen der heute verfügbaren Elektro-PKW verdeutlicht, dass die deutschen Autokonzerne bisher die generelle Kritik an den klimaschädlichen PKW mit fossilen Brennstoffen durch ihre Verbände und Lobbyisten wegzudrücken versuchten. Unter den Top 20 der weltweit zugelassenen Elektrofahrzeuge findet sich nicht ein einziges deutsches Modell (1, 2).
Die Profitsicherung durch den Absatz von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren Benzin wie Diesel, deren Wertschöpfungskette weitestgehend noch in eigener Hand liegt, hat scheinbar die so offen propagierte Innovationsführerschaft der deutschen Automobilindustrie gegenüber aufstrebenden Industrienationen zusammenschmelzen lassen.

Und jetzt befürchten die großen Konzerne, infolge der zu planenden nächsten Fahrzeuggeneration (Entwicklungszeit von ca. 7 Jahren) Marktanteile gegenüber dem Wettbewerb am Weltmarkt einzubüßen. Nach Angaben des VW-Konzerns ließen sich durch die Ausweitung der Produktion von Elektro-Autos auch die zu befürchtenden Strafzahlungen vermeiden, die bei Nichteinhaltung der europäischen Grenzwerte massiv die Renditeerwartungen der Konzerne beeinträchtigen würden. Anzumerken ist, dass die realen Treibhausgase aller diesel- und benzin-getriebenen PKW um 40% höher sind als offiziell ausgewiesen.

Doch trotz einer nicht zu übersehenden Klimawandel-Sensibilität und der gebotenen Dringlichkeit, der Klimaschädigung durch die automobilen „Klimakiller“ innovations-technisch entgegenzutreten, bleibt es kapitalistisches Kalkül der Autokonzerne, den Ausbau der Elektromobilität wohl dosiert und, im wahrsten Sinne des Wortes, temperiert anzugehen.

Es bleibt dies den klimakritischen und wachstumskritischen Bewegungen wie „Sand im Getriebe“ vorbehalten, mit dem Wort der Straße und der vielen Maßnahmen der Umweltverbände der Nichteinhaltung der Abgasvorschriften im Verkehrsbereich entgegenzutreten. Erwähnt seien hier auch die vielen Stellungnahmen kritischer Verkehrsexperten und Wissenschaftler, die sich für die Alternativen einer zukunftsgerechten Mobilität engagieren.

Der Zunahme des Verkehrs vor allem in den Städten, mit einem ständig größer werdenden Platzbedarf der immer größeren PKW ist nach Auffassung der genannten Bewegungen kontinuierlich entgegenzutreten, bevor der Lebensraum Stadt zum Abstellplatz von Automobilen zu degenerieren droht. So bringt die DUH, die Deutsche Umwelthilfe, zum Ausdruck, „dass zu viele und immer größere PKW die Straßen verstopfen, die Luft vergiften und die Klimakrise verschärfen. Das isw hat an vielfacher Stelle in seinen Veröffentlichungen umfassend und kritisch Stellung dazu bezogen, dass die Klimaziele nicht durch ein paar 100.000 Elektro-Autos zu erreichen sind. Ebenso wenig gehen wir davon aus, dass Elektromobilität eine Alternative zu einer notwendigen, radikalen Veränderung der vorherrschenden Verkehrsmarktordnung wäre. Uneingeschränkt sollte beim Ausbau der Elektromobilität in jedem Fall der Strombedarf durch regenerative Energien abgedeckt werden. Die Förderung des Ausbaus der öffentlichen Verkehrsmittel sowie die Elektrifizierung des Zugstreckennetzes, der Ausbau der Radwege, die Ermöglichung einer fußläufigen Bewegungsfreiheit in den Städten und eine Aussperrung des Autoverkehrs in den Städten halten wir für sozial-ökologisch legitim und angebracht.

Es war umso frappierender festzustellen, dass ein Großteil der IAA- Aussteller in ihren Präsentationen der aktuellen und zukünftigen Angebotspalette das stark wachsende Segment der Sports Utility Vehicles, der SUV, sehr stark betonten. Die sowohl für den Export aber auch für den Inlandsmarkt konzipierten SUV lassen dieses Segment anwachsen, während in den meisten anderen Segmenten die Zulassungen eher rückläufig sind.

Wie anachronistisch und widersprüchlich sind doch die Aussagen der Autohersteller, wenn sie einerseits anführen, die CO2 – Grenzwerte zwar einhalten zu wollen, und wenn andererseits trotz des bestehenden europäischen CO2 – Grenzwertes von 130g/km der durchschnittliche CO2–Ausstoß der neu zugelassenen PKW im 1. Halbjahr 2019 bei 157 g/km liegt. Bei der Berechnung des durchschnittlichen Flottenverbrauchs bzw. des CO2 – Grenzwertes werden die Elektro-PKW mit Null- CO2 Emissionen berücksichtigt. Deshalb brauchen die Hersteller die E-Fahrzeuge für einen möglichst günstigen Durschnitts- Grenzwert.

Hier wäre eine Lenkungsfunktion des Verkehrsministeriums über das Kraftfahrzeugbundesamt angesagt, das die Allgemeine Betriebserlaubnis, ABA für neue Fahrzeuge bewilligt. Den Herstellern könnte die Allgemeine Betriebserlaubnis für solche Fahrzeuge verweigert werden, die über den gesetzlichen Grenzwerten liegen. Ein beispielhafter Blick auf das gigantische Flaggschiff des BMW X7 SUV zeigt, dass ein solches Fahrzeug einen offiziellen CO2 – Grenzwert von 197 g/km aufweist und bereits eine Betriebserlaubnis besitzt. Keine Frage, in der zukünftigen Auslegung der Produktpaletten der großen SUV sind auch ergänzende Antriebsvarianten als Plug-in Hybrid (Elektroantrieb für ca. 50 km Reichweite) vorgesehen. Ein rein elektrisch angetriebener x7 SUV scheint nicht vorgesehen, weil die dafür vorzusehende Batterie zu voluminös ausgelegt werden müßte. Der Plug-in Hybrid hilft, den als Flottenverbrauch ermittelten Grenzwert nach unten zu drücken. Die Steuerung der Produktion der Fahrzeuge mit unterschiedlichen Antrieben wird also nach bekannter Logik der Markt-Nachfrage überlassen.

Das Klimaschutzpaket der Bundesregierung sieht für den Sektor Verkehr keine weitreichenden Lenkungsmaßnahmen vor. Wer nach Abschluß der Automobil-Ausstellung in Frankfurt auf ein Gegensteuern der Bundesregierung gegen die verheerenden Auswirkungen der Klimazerstörung gerade durch den Autoverkehr gewartet hat, sieht sich getäuscht. Es sind keine Vorgaben einer verbindlichen Quote z.B. von 15% Elektro-PKW zu erkennen. Es gibt keine konsequente Zulassungsbegrenzung für Fahrzeuge, die über den gesetzlichen Grenzwerten liegen. Es erfolgen keine konjunkturell gebotenen Investitionen für den Ausbau der öffentlichen Verkehrsinfrastruktur, die zur Einschränkung des Automobilverkehrs führen würde. Die berücksichtigten Einzelmaßnahmen, die Regulierung des CO 2 – Ausstoßes dem Emissionshandel zu überlassen (1, 2), die Förderung von Ladestationen, die Kaufanreize für den Kauf von Automobilen , um nur einige zu benennen, dürften in Summe die erneut in die Zukunft verlagerten Klimaschutzziele zumindest für den Sektor Verkehr nicht erreichen.