In der Süddeutschen Zeitung vom 29.7.2025 lesen wir unter der Überschrift „Aufrüsten auf Pump“ die folgende Zusammenstellung.
Diese Werte umfassen nicht nur den reinen Verteidigungshaushalt (dieser umfasst aber mehr als 80 % dieser Gesamtsumme), sondern auch Ausgaben für die Ukraine-Hilfe, für die Geheimdienste, für den Zivilschutz usw. Die SZ hat die Daten aus „Regierungskreisen“.
„Steuerfinanziert“ heißt hier: Bis zu 1 % des BIP (das sind in den kommenden Jahren 40 bis 45 Mrd. Euro) werden die Rüstungsausgaben aus dem Normalhaushalt finanziert. Dieser besteht derzeit zu etwa einem Sechstel aus neuen Schulden, zu fünf Sechsteln aus Steuereinnahmen. In „steuerfinanziert“ sind also auch Schulden mit enthalten. „Schuldenfinanziert“ heißt: Alle Kosten dafür, dass wir wieder kriegsfähig und kriegstüchtig werden, die über das 1 % BIP hinaus gehen, sind bereits vorab durch die Schuldenbremsen-Reform im Frühjahr 2025 genehmigt: sie werden pauschal durch Extraschulden finanziert in beliebiger Höhe – also was die Militärs und die Geheimdienste halt so brauchen.
Wir sehen: Wir laufen mit der Hochrüstung in den nächsten Jahren in unfassbar hohe Schulden hinein. Aufsummiert von 2025 bis 2029 sind das rund 420 Mrd. Euro incl. der Schulden-Teilfinanzierung der Basiskosten. Fast 10 % eines deutschen Jahres-BIP macht in fünf Jahren allein die Rüstungs-Mehrverschuldung aus.
Hierzu drei Anmerkungen, weil ja alles mit allem zusammenhängt:
1. Ich will das konfrontieren mit einer anderen Meldung aus diesen Tagen, nämlich der Welthungerhilfe vom 24.7.2025: „Weltweit leiden 733 Millionen Menschen an chronischem Hunger – das ist jeder elfte Mensch. Aufgrund der Klimakrise, Kriegen und zunehmender globaler Ungleichheit ist diese Zahl seit 2019 um 152 Millionen gestiegen. Gleichzeitig kürzen die größten Geber, etwa die USA und Deutschland, drastisch ihre Budgets für Entwicklungszusammenarbeit und humanitäre Hilfe. … Im Jahr 2024 standen der Welthungerhilfe 383,5 Millionen Euro für die Projektarbeit zur Überwindung von Hunger und Armut zur Verfügung.“
Das gilt es zu vergleichen: 383 Millionen Euro zur Hungerbekämpfung, und zwar weltweit, und 420 Milliarden Euro (= 420.000 Mio. Euro) Mehrschulden für Kriegstüchtigkeit allein in Deutschland in 5 Jahren. Dieses Verhältnis drückt besser als jede Sonntagsrede aus, wo die berühmten, die berüchtigten westlichen Werte gelagert sind.
2. Und noch ein Vergleich, die Tagesschau vom 21.6.2024: „Zudem plant Verteidigungsminister Boris Pistorius laut Medienberichten die Anschaffung von 105 Leopard-2A8-Kampfpanzern für knapp drei Milliarden Euro.“
Da will ich mal rechnen: Hätte die Regierung statt 105 Panzer „nur“ 90 angeschafft, dann hätte die gesamte Welthungerhilfe für 2024 mehr als verdoppelt werden können. 15 Panzer: mehr als ein Jahresetat Welthungerhilfe! Rüstung tötet. Schon heute, vor Kriegsbeginn.
3. Am 3.2.2025 berichtete ich unter der Überschrift „Gewinnentwicklung in Deutschland 2024“ hier bei isw über die Entwicklung der Gewinne und ihre Verwendung (Investitionen, individueller Konsum usw.) entsprechend der Statistik der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung. Ein zentraler Punkt war bzw. ist: „Seit Anfang der 2000er Jahre bleiben Jahr für Jahr mehr als 200 Mrd. Euro übrig, seit einigen Jahren sogar mehr als 300 Mrd. Euro, wofür es keine Verwendungsmöglichkeit gibt für inländische Sachanlagen. Es sind Finanzströme, die für Finanzanlagen, Spekulationen, Aufkäufe von Konkurrenten, Aufkäufe von eigenen Aktien, irgendwelche Auslandsanlagen genutzt werden können.“
Da kann man nur sagen: Hätten wir ein anderes Steuersystem – oder noch besser ein anderes Wirtschaftssystem – dann müssten wir nicht mal für Rüstung Schulden machen. Und den Welthunger beseitigen: das wäre eine kaum spürbare finanzielle Kleinigkeit nebenher.
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Quellen:
SZ: Militärausgaben sollen 2026 weiter steigen, 29.7.2025
Welthungerhilfe Pressemitteilung: Welthungerhilfe stellt Jahresbericht 2024 vor. Budgetkürzungen und Konflikte verschärfen den Hunger, 24.7.2025. https://www.welthungerhilfe.de/presse/pressemitteilungen/welthungerhilfe-stellt-jahresbericht-2024-vor
Tagesschau: Bundeswehr kauft Panzer und Munition für Milliarden, 21.6.2024. https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/bundeswehr-munition-panzer-100.html
Franz Garnreiter: Gewinnentwicklung in Deutschland 2024, 3.2,2025. https://www.isw-muenchen.de/online-publikationen/texte-artikel/5345-gewinnentwicklung-in-deutschland-2024