Der von der EU-Kommission am 16. Juli 2025 präsentierte Vorschlag für den nächsten EU-Haushalt 2028 bis 2034 (Mehrjähriger Finanzrahmen, MFR) hat es in sich: Offensichtlich problematisch ist die drastische Erhöhung des Budgetbereichs „Resilienz und Sicherheit, Verteidigung und Weltraum“ – der Teufel steckt aber wie so häufig im Detail, denn im Kommissionentwurf finden sich darüber hinaus auch noch zahlreiche weitere zumindest potenziell militärrelevante Ausgabeposten, die munter über diverse Budgets verteilt wurden und sich als lukrative Verschiebebahnhöfe in Richtung Aufrüstung entpuppen könnten.

Mehr Budget – Neue Struktur

Das Gesamtbudget soll nach dem Willen der Kommission von rund 1.200 Mrd. Euro im laufenden auf 1.984 Mrd. Euro im Haushalt 2028 bis 2034 steigen. Diese auf den ersten Blick saftige Erhöhung fällt bei näherer Betrachtung etwas weniger drastisch aus. Denn die Kommission arbeitet mit laufenden Preisen, die Inflation ist also nicht herausgerechnet. Setzt man das Budget ins Verhältnis zur Wirtschaftsleistung so soll es von 1,1 Prozent auf 1,26 Prozent deutlich moderater ansteigen. Darüber hinaus argumentiert die Kommission, ab 2028 müssten erstmals die Schulden des Corona-Fonds zurückbezahlt werden, würden diese jährlich wohl mindestens 24 Milliarden Euro herausgerechnet, würde sich das Budget um weitere 0,11 Prozent auf 1,15 Prozent der Wirtschaftsleistung reduzieren.

Mindestens ebenso entscheidend wie die Höhe des Budgets, ist natürlich dessen Verteilung, wobei es künftig neben den Verwaltungskosten nur noch drei große Posten geben soll: „Europa in der Welt“ (215 Mrd. Euro); „Wettbewerbsfähigkeit, Wohlstand und Sicherheit“ (590 Mrd. Euro); und „Wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt, Landwirtschaft, ländlicher Raum und Meere, Wohlstand und Sicherheit“ (1.062 Mrd. Euro).

Inwieweit sich die Kommission bei derartigen Makroüberschriften, die sich dann dennoch in zahlreich Unterpunkte auffächern, ernsthaft wie beansprucht die Vereinfachung des Budgets auf die Fahne schreiben kann, sei hier einmal dahingestellt. Wie angedeutet, finden sich jedenfalls in allen drei Bereichen zumindest potenziell militärrelevante Ausgaben, der Löwenanteil entfällt aber auf „Wettbewerbsfähigkeit, Wohlstand und Sicherheit“.

Instrument für den Rüstungswettbewerb

Bereits im März 2025 kam Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit ihrem ReArm-Europe-Plan um den Weg, mit dem die Nationalstaaten „motiviert“ werden sollen, mindestens 800 Mrd. Euro zusätzlich für die Aufrüstung zu mobilisieren. Gleichzeitig enthielt er – wie auch das kurz darauffolgende EU-Weißbuch Verteidigung – Forderungen, die EU-Eigenmittel für Militärausgaben mit dem Ziel zu erhöhen, künftig mit USA auf Augenhöhe um Märkte und Aufträge um die Wette rüsten zu können.

Obwohl der EU-Vertrag in Artikel 41,2 die Verwendung von Haushaltsgeldern für militärische Zwecke verbietet, wurden bereits im Haushalt 2021 bis 2027 erstmals im großen Stil derartige Ausgaben – getarnt als Wettbewerbsförderung – verankert. Dazu zählen vor allem rund 8 Mrd. Euro für den Europäischen Verteidigungsfonds (Erforschung und Entwicklung), 1,5 Mrd. Euro für das Verteidigungsinvestitionsprogramm EDIP (Erwerb & Produktion) sowie die Vorläufer EDIRPA (300 Mio.) und ASAP (500 Mio.).  Dazu kamen noch 14,88 Mrd. Euro für die EU-Weltraumprogramme, von denen Galileo und Copernicus den Löwenanteil erhalten, die beide ebenfalls militärisch relevant sind.

All das soll nun in einem großen Topf zusammengefasst werden, der im Bereich „Wettbewerb, Wohlstand und Sicherheit“ angesiedelt ist. Insgesamt soll die „Resilienz und Sicherheit, Verteidigungsindustrie und Weltraum“ betitelte Budgetlinie mit 131 Mrd. Euro befüllt werden. Die genaue Verteilung auf die einzelnen Bereiche ist aktuell noch unklar, dass es hier aber zu einer massiven Erhöhung gegenüber dem letzten EU-Haushalt kommen soll, ist offensichtlich – und ebenso, dass die Kommission hierüber erkenntlich zufrieden ist. In ihrer MFR-Pressemitteilung schreibt sie: „Der langfristige Haushalt wird zum Aufbau einer Europäischen Verteidigungsunion beitragen, die sich schützen, in Verbindung bleiben und bei Bedarf schnell handeln kann. Im Rahmen des Politikbereichs ‚Verteidigung und Weltraum‘ des Europäischen Fonds für Wettbewerbsfähigkeit werden 131 Mrd. EUR zur Unterstützung von Investitionen in Verteidigung, Sicherheit und Weltraum bereitgestellt, fünfmal mehr Mittel auf EU-Ebene als im vorangegangenen MFR.“

Ebenfalls bei „Wettbewerbsfähigkeit, Wohlstand und Sicherheit“, allerdings dort im Transporthaushalt verortet, findet sich die Budgetlinie „Militärische Mobilität“. Mit einer drastischen Erhöhung auf 17 Mrd. Euro (2021-2027: 1,69 Mrd. Euro) soll hier buchstäblich gegen Russland mobil gemacht werden: „Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine hat deutlich gemacht, wie wichtig es ist, in militärische Mobilität zu investieren, um sicherzustellen, dass die Streitkräfte der Mitgliedstaaten schnell und mit ausreichender Schlagkraft auf Krisen reagieren können, die an den Außengrenzen der EU und auch weiter entfernt ausbrechen. […] Investitionen im Bereich der Verkehrsnetze ausgerichtet. Entsprechende Investitionen werden den Transport von Truppen und Ausrüstung auf Schiene und Straße, über Flughäfen, Häfen und Binnenwasserstraßen sowie multimodale Terminals erleichtern“, heißt es in der Kommissionsmitteilung zum Haushaltsentwurf.

Militär- bzw. rüstungsrelevant dürfte auch der Forschungshaushalt „Horizont Europa“ sein, der mit 176 Mrd. Euro ebenfalls üppig befüllt werden soll. Hierüber ließen sich in früheren Jahren stets auch sogenannte „dual-use-Projekte“ mit militärischem wie auch zivilem Verwendungszweck finanzieren.

Rüstige Regionalförderung

Im Bereich „Europa in der Welt“ könnten vor allem Teile der 3,4 Mrd. Euro für die Budgetlinie „Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik“ militärrelevante Ausgaben enthalten, da hierüber ein großer Batzen der „zivilen“ EU-Einsätze bezahlt werden, die allerdings häufig durchaus mit recht robusten Elementen daherkommen.

Im größten Bereich, „Wirtschaftlicher, sozialer und territorialer Zusammenhalt…“ fallen sofort die deutlich gestiegenen Posten für „Migration und Grenzmanagement“ mit 34,2 Mrd. Euro (2021-2027: 25,7 Mrd. Euro) sowie für die EU-Grenzschutzagentur FRONTEX mit 11,9 Mrd. Euro (2021-2027: 5,6 Mrd. Euro) unangenehm ins Auge. Am Geld soll die zunehmend militarisierte Grenzabschottung augenscheinlich nicht scheitern.

In diesem Budgetbereich verbirgt sich auch der wohl größte mögliche Verschiebebahnhof in Richtung Aufrüstung – eine nun mögliche Verwendung der Kohäsionsfonds für militärische Belange, wie sie von Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen bereits in ihrem ReArm-Europe-Plan im März 2025 vorgeschlagen wurde. Dabei handelt es sich um Gelder, die bislang stets für die Angleichung der Lebensumstände in den ärmeren Mitgliedsländern vorgesehen waren. Die Kohäsionsfonds sind mit 453 Mrd. Euro der größte Einzelposten im Kommissionsvorschlag, insofern ist es von großer Bedeutung, dass diese Gelder laut FAZ künftig relativ beliebig von der „Sozialpolitik bis zur Förderung der Rüstung und dem Kampf gegen die Wohnungsnot“ eingesetzt werden können sollen. Die Kommission beschreibt dies in ihrer MRF-Pressemitteilung folgendermaßen: „Die Mitgliedstaaten und Regionen werden die Möglichkeit haben, auf freiwilliger Basis und entsprechend den regionalen Bedürfnissen und Prioritäten verteidigungsbezogene Projekte in ihren nationalen und regionalen Partnerschaftsplänen zu unterstützen.“

Haushaltsexterner Rüstungstopf

Außerhalb des offiziellen EU-Haushalts wurden zudem diverse „Notfallinstrumente“ eingerichtet, vor allem zwei Krisenfonds, über die insgesamt fast 550 Mrd. Euro an EU-Krediten an die Mitgliedsstaaten vergeben werden können. Vermutlich könnten darüber auch Rüstungskredite vergeben werden, nachdem in der MFR-Kommissionsmitteilung explizit auf die 150 Mrd. Euro des SAFE-Instruments verwiesen wird, mit denen den Mitgliedsstaaten zinsgünstige EU-Kredite für Rüstungsankäufe gewährt werden sollen.

Ebenfalls außerhalb des MFR-Budgets sind 100 Mrd. Euro für die Unterstützung der Ukraine angesiedelt. Es hat den Anschein, dass es hier vor allem um nicht-militärische Unterstützungsmaßnahmen gehen soll, da die Kommission aber den „flexiblen“ Charakter des Instruments betont, ist es nicht ausgeschlossen, dass davon auch Militärhilfe bezahlt werden könnte. Vorrangig dürfte für die militärische Unterstützung der Ukraine in Form einer Bezuschussung von Waffenlieferungen aber weiter die Europäische Friedensfazilität zuständig sein, schließlich soll deren Budget auf 30 Mrd. Euro (von 17 Mrd. Euro 2021-2027) ebenfalls deutlich erhöht werden.

Fazit

Aktuell ist noch vieles unklar, besonders auch weil sich der genaue Anteil militärischer Ausgaben für viele Budgetposten ohne die ausstehende Detailplanung kaum seriös prognostizieren lässt. Eins ist jedoch sicher: Der Gesamtbetrag, der in die Aufrüstung gesteckt werden soll, soll nach dem Willen der Kommission massiv ansteigen.

Dem müssen allerdings noch Parlament und Rat zustimmen und es ist mit Sicherheit mit zähen Verhandlungen zu rechnen – ob dies allerdings auch die militärrelevanten Bereiche betreffen wird, bleibt abzuwarten. Im letzten MFR wurden die Militärtöpfe zwar noch gegenüber dem damaligen Kommissionsvorschlag in der Endfassung teils deutlich gekürzt, aber das war vor dem russischen Angriff auf die Ukraine, der Zeitenwende und ReArm-Europe.

------------------

Wir veröffentlichen der Beitrag mit freundlicher Genehmigung der Informationsstelle Militarisierung (IMI) e.V.  https://www.imi-online.de/