Die Konjunktur der deutschen Wirtschaft befindet sich weiterhin in einer Abwärtsbewegung.


Nach den Konjunkturprognosen von Bundesregierung und Konjunktur-Forschungs-Instituten wie dem ifo-Institut und dem iw-Köln ist für 2024 von einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) preisbereinigt zwischen 0,2 Prozent und 0,0 %, also „Null-Wachstum“, auszugehen.[1] Basierend auf den veröffentlichten Informationen aus den Konjunkturprognosen werden   für den aktuellen Rückgang der deutschen Wirtschaft  strukturelle Faktoren wie die angestrebte  Digitalisierung,  ein demographischer Wandel und eine erklärte Zielsetzung der  Dekarbonisierung  als Begründung dafür angegeben.

„Die deutsche Wirtschaft steckt in der Krise fest. Dabei belasten sowohl konjunkturelle als auch strukturelle Faktoren. Nach einem Rückgang um 0,3% im vergangenen Jahr wird das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr wohl nur stagnieren.“[2]

Auffällig ist bei der Angabe der Gründe, dass sich die deutsche Industrie im Hinblick auf die o.g. verbalen ehrgeizigen Klimaziele nicht gerade mit „Meriten“ behängen kann. So haben sich etwa 2 von drei der größten börsennotierten Unternehmen zur Reduzierung ihrer direkten und indirekten CO2-Emissionen verpflichtet. Doch über die Hälfte dieser Gruppe der Unternehmen hängt ihren selbst gesteckten Zielen hinterher.[3]

Im gleichen Atemzug werden die gestiegenen Energiekosten für die energieintensive Industrie, die in Deutschland einen großen Anteil hat, als eine große Beeinträchtigung der unternehmerischen Wirtschaftsleistung.
Hinzu kommt offenbar eine Nachfrageschwäche in nahezu allen Wirtschaftsbereichen, was zu einer unternehmerischen schwachen Investitionstätigkeit, zu Umsatz-Rückgängen und letztlich zu Geschäftsschließungen, Produktionsstilllegungen und -verlagerungen führt. Die Konjunkturprognosen gehen zudem von einer anhaltenden Exportschwäche des deutschen Außenhandels aus, als Folge einer schwachen globalen Industriekonjunktur und rückläufiger Teilhabe an der verhaltenen Belebung des Welthandels. Es bleibt abzuwarten, in welchem Maße sich die noch realisierbaren Wirtschaftsbelebungs-Programme der sich auflösenden Ampel-Regierung einen Effekt für die Konjunktur durch staatliche Interventionen im kommenden Jahr konjunkturbelebend niederschlagen werden.

Reallohn-Entwicklung

In den gegenwärtigen Konjunktur-Prognosen spielen auch die Reallöhne insbesondere im Hinblick auf den privaten Konsum und die gesamtwirtschaftliche Nachfrage eine wichtige Rolle. In diesem Jahr laufen Tarifverträge für knapp zwölf Millionen Beschäftigte in wichtigen Branchen aus. Durch die starke Inflation in den vergangenen Jahren sind die realen Tariflöhne in Deutschland im Schnitt mittlerweile auf das Niveau von 2016 zurückgefallen, wie das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung jüngst mitteilt.[4]  Die Inflationsrate wird nach den vorliegenden Prognosen weiter sinken, von durchschnittlich 5,9% im vergangenen Jahr auf 2,2% in 2024. Die Reallohnentwicklung (Nominallohn minus Inflation) dürfte dennoch weit hinter den Vorhersagen von Gesamt 4,7% zurückbleiben. [5]

Steigende Reallöhne erhöhen die Kaufkraft der Lohn-Beschäftigten, eine grundlegende Voraussetzung für gesellschaftlichen Wohlstand der werteschaffenden Produktivkräfte.  Lohnerhöhungen sind zur konjunkturellen Belebung für die Kompensation von Kaufkraftverlusten in den zurückliegenden Jahren unumgänglich.  Dem folgenden Schaubild ist der angegebene Nachholbedarf durch die entstandenen Lücken an Lohnerhöhung der Vorjahre zu entnehmen.

Quelle: Destatis

Die aktuellen Tarifabschlüsse für Metall umfassen für das kommende Jahr eine Gehaltserhöhung von 2,0% und für das darauffolgende Jahr nochmals 3,1, %. Sie sind eine Kompromissformel, die wie zumeist   von allen Seiten beschworen, der „schwierigen wirtschaftlichen Lage“ geschuldet ist. [6]  Von den noch im Herbst vergangenen Jahres dargestellten Prognosen einer Gehaltserhöhung von durchschnittlich 4,7% (siehe weiter oben) ist das Verhandlungsergebnis als ein Ausgleich für versäumte angemessene Lohnerhöhungen weit entfernt. Dadurch kommt das derzeit ungleiche Kräfteverhältnis  beim Ankämpfen gegen den  grundlegenden Konflikt innerhalb des Kapitalismus, des privaten Eigentums an Produktionsmitteln, vollends zum Ausdruck.

Gehaltsentwicklung Top-Manager – mehr als 2,0%

Dafür umso erfreulicher die Nachricht, wer immer es hören mag,  dass  Gehälter der Vorstände von Deutschlands großen Börsenunternehmen  trotz der beschriebenen  Konjunkturflaute auf ein Allzeithoch angestiegen sind.
So erhielten im Geschäftsjahr 2023 Vorstandsmitglieder der börsennotierten Konzerne im Durchschnitt elf Prozent mehr und erreichen eine Vergütung von 2,65 Mio. €. Zu den Einkünften hinzuzurechnen sind die Boni-Zahlungen, Die Angaben stammen aus der „Mixed Compensation Barometer“, eine Studie der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft und Großkapital-Berater EY.[7] Die Vergütungen von Vorstandschefs sind laut EY besonders kräftig um 16 Prozent auf im Durchschnitt gut 3,7 Millionen Euro gestiegen.  Das durchschnittliche Gehalt eines DAX-Vorstandsvorsitzenden wird mit 5,7 Mio. € angegeben.Als Hauptgrund werden dafür die hohen erzielten Gewinne der Unternehmen trotz der stagnierenden Gesamtentwicklung angegeben.

„Allerdings haben sich die DAX-Konzerne sehr heterogen entwickelt: Einige Unternehmen hatten mit starkem Gegenwind zu kämpfen, andere haben hingegen hervorragende Ergebnisse abgeliefert – was sich dann auch in der Gehaltsentwicklung der Top-Manager widerspiegelt. Zudem muss eine schwache Entwicklung bei Umsatz, Gewinn- oder Aktienkurs nicht zwangsläufig zu Gehaltsrückgängen in der Vorstandsetage führen. Denn bei Unternehmen, die sich in einer Transformationsphase befinden, lassen sich temporäre Einbußen nicht vermeiden. Wenn ein Management in einer solchen Zeit bessere Ergebnisse als prognostiziert abliefert, kann dies auch zu einem Gehaltsplus führen.“[8]

Am 4. November hatte die Hans-Böckler-Stiftung dargelegt, dass es in der Bundesrepublik in den späten 90er und den frühen 2000er Jahren einen auch im internationalen Vergleich deutlichen Zuwachs der Einkommensungleichheit gegeben hatte. Nach einer Stagnationsphase setzte sich demnach die Umverteilung von unten nach oben seit 2010 wieder fort, die Armutsquote sei »spürbar« angestiegen auf 17,8 Prozent im Jahr 2021, d. h. vor der rasanten Inflation.[9]

Zuzustimmen ist der Aussage, dass das leitende Personal der großen Konzerne mit dazu beigetragen hat, die Einkommensungleichheit und die Zunahme von Armut zu vergrößern.  

 


[1] https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/herbstprojektion-2024-2261242

https://www.ifo.de/fakten/2024-09-05/ifo-konjunkturprognose-herbst-2024-deutsche-wirtschaft-steckt-in-krise-fest

https://www.iwkoeln.de/studien/michael-groemling-iw-konjunkturprognose-herbst-2024.html

[7] https://www.ey.com/de_de/newsroom/2024/11/ey-mixed-compensation-barometer-2024

[8] Ebd.