Die Entscheidung Kanzler Scholz`, 14 Leopard-2-Panzer in den Ukraine-Krieg zu schicken, beflügelte die Phantasie der Rheinmetall-Aktionäre und katapultierte die Aktie auf ein neues Allzeithoch von 230 Euro. Rheinmetall ist zusammen mit Krauss-Maffei-Wegmann (KMW) der Fabrikant des feuerspeienden 62-Tonnen-Ungetüms. KMW ist an der Börse nicht notiert.

Bereits im Jahresrückblick 2022 hatte die „Börsenwoche“ unter der Überschrift „Wer ethisch investiert, verliert“ geschrieben: „Der Kurs der Rheinmetall-Aktie verdoppelte sich in diesem Jahr, der des Hafermilch-Herstellers Oarley brach hingegen ein. Für Anleger war 2022 kein gutes Jahr – außer man investierte unethisch“ – z.B. in Waffen-Werte bzw. rüstungslastige Aktien wie Airbus, Hensoldt, MTU, Rheinmetall oder in den US-Rüstungsindex Aerospace & Defense. „Es ist Weihnachten,  aber  die Erde ist weit entfernt von Frieden. Nutznießer sind Investoren in Waffenproduzenten“, so das Börsenblatt weiter. Das rief den BDSV, den Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, auf den Plan. Fast blasphemisch erklärte dessen Hauptgeschäftsführer Christoph Atzpodien: „Die Gleichung muss lauten: ´Frieden auf Erden durch Rüstung`.

Gemäß dieser Waffen-Logik setzt sich der BDSV (zugleich Mitglied des BDI) auch dafür ein, dass die Rüstungswirtschaft das Siegel „Nachhaltigkeit“ bekommt, denn die Verteidigungsindustrie garantiere Sicherheit und das sei die Voraussetzung für nachhaltiges Wirtschaften. Zudem legen viele Rüstungskonzerne Nachhaltigkeitsberichte vor. So will beispielsweise Rheinmetall nach eigenen Angaben bis zum Jahr 2035 klimaneutral arbeiten. Ein Ökopanzer mit Elektro-Antrieb ist bereits in der Entwicklung.

Präsident des BDSV mit seinen über 100 Mitgliedsfirmen (zusammen mit den in der BDSV-Exhibitions e.V. - vormals Wehrtechnische Messen – organisierten Firmen über 220) ist Armin Papperger, im Hauptberuf Vorstandsboss des größten deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall. Der Kurs der Rheinmetall-Aktie stieg von 85 zu Jahresbeginn 2022 auf 190 zum Jahresende (Schützenpanzer) und auf 230 nach dem Kampfpanzerbeschluss; eine Steigerung um knapp 125 Prozent bzw. 142 Prozent.  
Der Konzern fabriziert und liefert fast alles, was im Ukrainekrieg auf den Schlachtfeldern zum Töten gebraucht wird: Panzer, Kanonen und Munition. In allen drei Sparten gibt es Liefer-Engpässe, weshalb der Konzern seine Kapazitäten zügig erweitern will, in Deutschland und im Ausland. In Ungarn wird ein neues Munitionswerk gebaut, in Spanien soll für 1,2 Milliarden Euro der Munitionsproduzent Expal übernommen werden, um den steigenden Explosivbedarf zu decken (HB, 10.2.23).

Für knapp eine Milliarde Euro Investitionen will der Düsseldorfer Konzern seine Kapazitäten erweitern, um bis 2025 eine Verdoppelung des Umsatzes von 6,4 Mrd. Euro (2021) auf 11 bis 12 Milliarden Euro zu erreichen (BR-Wi vor 8, 23.1.23). 2000 Neueinstellungen wurden bereits vorgenommen, weitere 2000 sollen folgen. Das operative Ergebnis war 2022 trotz schwächelnder Automobil-Sparte um über 20% gestiegen. Bereits bei der Rheinmetall-Bilanzpräsentation 2021 versicherte Armin Papperger: „Modernisierungsprogramme und eine extrem hohe Zahl an Neuausschreibungen geben uns die Sicherheit, dass der Superzyklus weitergeht“. Mit der russischen Invasion in die Ukraine und den Waffenlieferungen der NATO-Staaten in das Kriegsgebiet, dem 100-Milliarden „Sondervermögen“ und den Aufrüstungsschritten anderer Staaten der Kriegsallianz wird es ein Super-Plus-Zyklus mit entsprechenden Profiten. Zur Freude von angelsächsischen Vermögensverwaltern und anderen Finanzinvestoren (siehe Schmid, Das siebte fette Jahr der Welt-Rüstungsindustrie). Sie halten zusammen 41,03% des Aktienkapitals von Rheinmetall, an der Spitze BlackRock mit 5,08%.
Die Reichen, die ihre Geldvermögen in die Vermögensfonds zur Mehrung stecken, verdienen kräftig an Mord und Totschlag im Ukraine-Krieg.


Bild von John Heartfield, 1932 : "Wollt Ihr wieder fallen, damit die Aktien steigen?!"

Testlabor für NATO-Waffen

Das Schlachtfeld Ukraine ist für den Militär-Industrie-Komplex noch aus einem anderen Grund von großem Nutzen. „Womöglich gibt es einen willkommenen Seiteneffekt für die Waffengeber“, meint Helmi Krappitz vom Merkur (17.01.23). „Der Krieg bietet dem Westen die seltene Möglichkeit seine Waffensysteme im Einsatz zu testen“. Die Ukraine sei gewissermaßen ein „Testlabor für westliche Waffen“. Und: Es sei „ein Waffenlabor, weil das Equipment vorher noch nicht in einem Krieg zwischen zwei Industrienationen eingesetzt wurde“, erklärte ein Experte der westlichen Geheimdienste dem Sender (CNN) - FS)“. Und zynisch zur Gefechtsfelderprobung: „Das sind Kampftests im realen Leben (!)“.

Waffe für Waffe in den Flächenbrand

Die politischen Haupttreiber für immer mehr und brisantere Waffenlieferungen in das Kriegsgebiet sind hierzulande die alten und neuen Kalten Krieger in der Union, aber auch in der Ampel mit der  FDP  und der Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses Marie-Agnes Strack-Zimmermann sowie den Oliv-Grünen  Anton Hofreiter und Annalena Baerbock; letztere wähnt sich nach eigenen Worten bereits „im Krieg mit Russland“.

Marie-Agnes Strack-Zimmermann kandidierte bei den Bundestagswahlen in dem Düsseldorfer Wahlkreis, in dem der Panzer-, Kanonen- und Munitionshersteller Rheinmetall seinen Konzernsitz hat. Sie  ist Präsidiums-Mitglied in den Rüstungslobby-Organisationen  „Förderkreis Deutsches Heer e.V.“ und in der „Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik“. „Beides sind von der Rüstungsindustrie stark beeinflusste Organisationen, wo wir es kritisch sehen, wenn Abgeordnete des Bundestages dort leitende Funktionen übernehmen – auch wenn es ehrenamtlich geschieht“, sagte Lobbycontrol-Sprecher Timo Lange der „Neuen Osnabrücker Zeitung. Die Rüstungsindustrie würde so über „sehr enge und privilegierte Zugänge ins Parlament verfügen“. (NOZ, 8.5.22). Dazu ist sie Beiratsmitglied der Bundesakademie für Sicherheitspolitik. Und schließlich Vizepräsidentin der Deutschen Atlantik Gesellschaft, die ihre Aufgabe darin sieht, über die deutsche Sicherheitspolitik und die Einbindung Deutschlands in die NATO zu informieren.

Strack-Zimmermann gehört zum personellen und politischen Kern des Militär-Industrie-Komplexes. In ihrer Funktion als Vorsitzende des 32-köpfigen Verteidigungsausschusses läßt sie keine Gelegenheit aus, sich für neue Waffenbeschaffungen einzusetzen, von der Handfeuerwaffe bis zur Panzerhaubitze, von der Kampfdrohnen bis zum Atombomber. https://www.isw-muenchen.de/online-publikationen/texte-artikel/5016-das-siebte-fette-jahr-der-welt-ruestungsindustrie

Das männliche Gegenstück zur Panzer-Frontfrau ist gewissernaßen Henning Otte (CDU), stellvertretender Vorsitzender des Verteidigungsausschusses. Wie es der Zufall will, liegen im Wahlkreis von Otte in Unterlüß (Lüneburger Heide) auch Werke von Rheinmetall, die einzigen größeren Arbeitgeber in dem Landstrich: zwei Munitionsfabriken (Rheinmetall Waffe) für schwere und mittelschwere Kaliber und ein Werk für Landsysteme. Nebst einem zugehörigen 50 Quadratkilometer großen Erprobungszentrum, dem größten privaten Testgebiet für Waffen in Europa.

In seinen Lobby-Funktionen ist Otte Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik und Mitglied des Präsidiums des Förderkreises Deutsches Heer. Die Rüstungslobby-Ämter gab er erst auf Nachfrage bekannt.

Sprecher der CDU/CSU-Fraktion in wehrpolitischen Fragen ist der CSU-Abgeordnete Florian Hahn. Transparency International bescheinigte ihm eine besondere Nähe zur Rüstungsindustrie und bewertete den Fall als ein „besonders krasses Beispiel“ eines parlamentarischen Interessenskonflikts. Florian Hahn war jahrelang Aufsichtsrat der IABG, eine Einrichtung für  zivile und militärische Luft-und Raumfahrtforschung. Zudem war er jahrelang Mitglied des Präsidiums der Gesellschaft für Wehrtechnik.

Der verteidigungspolitische Sprecher der SPD, Wolfgang Hellmich, wiederum ist Mitglied des Förderkreises Deutsches Heer.
Der verteidigungspolitische Sprecher der FDP, Alexander Müller, ist im Nebenberuf Vizepräsident einer weiteren Rüstungslobby-Organisation, der Gesellschaft für Sicherheitspolitik (GSP, vormals Gesellschaft für Wehrkunde) mit 7.000 Mitgliedern.

Vom Kampfpanzer zum Kampfjet - „Wir bleiben dran“

Die Rechnung der Hurra-Bellizisten vom Schlage Strack-Zimmermann und Hofreiter für die Lieferung deutscher Kampfpanzer ist aufgegangen. Der „Einsatz habe gewirkt“ jubelte die FDP-lerin schon nach dem Schützenpanzer-Beschluß der Regierung. „Damit endet aber unser Einsatz längst nicht. Denn klar muss sein: Nach dem Marder kommt der Leopard. Wir bleiben dran“.

Bei den von Scholz zugesagten 14 zugesagten Leopard-2-Panzern wird es nicht bleiben. Dutzende Leopard-1-Panzer gibt es als Dreingabe. Erstmals nach 80 Jahren rollen dann wieder deutsche Panzer nach Osten, um Russen totzuschießen.

Auch der stellvertretende ukrainische Außenminister und Faschistenverehrer Andrij Melnyk und Präsident Selenskyj „bleiben dran“. „Wir brauchen die Luftwaffe“ twitterte Andrij Melnyk. Und Wolodymyr Selenskyj forderte Kampfbomber, Langstrecken-Raketen, U-Boote und andere Kriegsschiffe.

Die ganz große deutsche Panzerkoalition im Bundestag reagierte bislang ablehnend, selbst Strack-Zimmermann betont das Risiko. Doch eine baldige Kehrtwende ist zu erwarten, wenn Wolodymyr Selenskyj bei seiner Europatour genügend Länder um- und eingestimmt hat und der Bieterreigen erneut beginnt. Militarist und CDU-Abgeordneter Roderich Kiesewetter, Oberst a.D., fünf Jahre lang Präsident des Reservistenverbandes, gibt sich bereits aufgeschlossener: „Ausschließen sollten wir allerdings grundsätzlich nichts“. In Großbritannien werden bereits ukrainische Soldaten zu Bomberpiloten ausgebildet.

So wird sich die tödliche Spirale militärischer Eskalation weiterdrehen. Allein mit den Panzern hat die Brisanz des Krieges gefährlich zugenommen: Panzerhaubitzen, Gepard-Flakpanzer, Schützenpanzer „Marder“, Leopard-2-Panzer, Leopard-1-Panzer, weitere Panzerhaubitzen, …...der Rüstungskonzern Rheinmetall möchte zudem seinen Kampfpanzer Panther, eine Eigenentwicklung des Konzerns, an die Ukraine verkaufen. „Die Ukraine hat Interesse an dem Lynx und dem Panther, die derzeit modernsten Schützen- und Kampfpanzer“, so Konzernboß Papperger. Man könne sich auch vorstellen, die Panzer direkt in der Ukraine zu fertigen.   Deutschland ist ohnehin Hauptlieferant von schweren Waffen in das Kriegsgebiet. Und Scholz brüstet sich noch damit.

Deutschland marschiert im Gleichschritt mit den anderen NATO-Komplizen immer weiter in den Krieg hinein.

Profiteure des Krieges aber sind primär US-amerikanische, aber auch deutsche und europäische Rüstungskonzerne; genauer: deren Eigner. Allen voran US-amerikanische Finanzinvestoren. Sie dominieren, mit den Vermögensverwaltern BlackRock und Vanguard an der Spitze, die größten US-Waffenschmieden: Lockheed Martin, Raytheon, Boeing, Northrop Grumman, General Dynamics. Es sind dies zugleich die größten Rüstungskonzerne der Welt. Aber auch bei Rheinmetall haben  amerikanischen Finanzinvestoren das Sagen: sie halten 41% des Aktienkapitals. Größter Einzelaktionär ist der weltgrößte Vermögensverwalter BlackRock mit über 5% Anteil.

Die Finanzinvestoren profitieren an der Zerstörung, aber auch am etwaigen Wiederaufbau der Ukraine.

Am 28. Dezember gab das Präsidialbüro der Ukraine bekannt, dass Wolodymyr Selenskyj und BlackRock-Chef Larry Fink im Rahmen eines Videogesprächs übereinkamen, „sich auf die Koordinierung der Bemühungen aller potenziellen Investoren und Teilnehmer am Wiederaufbau zu konzentrieren und die Investitionen in die wichtigsten und wirkungsvollsten  Sektoren der ukrainischen Wirtschaft zu lenken“ (zit. nach NachDenkSeiten, 19.1.23). In der Presseerklärung des ukrainischen Präsidialbüros heißt es ergänzend: Gemäß den Vereinbarungen, die Anfang des Jahres zwischen dem Staatschef und Larry Fink getroffen wurden, arbeitet das BlackRock-Team seit mehreren Monaten an einem Projekt zur Beratung der ukrainischen Regierung bei der Strukturierung der Wiederaufbaufonds des Landes. Larry Fink taxiert die Kosten für den Wiederaufbau auf 750 Milliarden Euro.

US-BlackRock will also die Ukraine wiederaufbauen! Das ist gewissermaßen Kreislaufwirtschaft à la Finanzinvestoren. Von Zerstörungen profitieren und dann vom Wiederaufbau. Für sie gilt, was der Fraktionsvorsitzende der Republikaner Mitch McConnel im US-Senat formuliert hatte: „Und lassen Sie uns das klarstellen. Der Grund dafür, dass eine große parteiübergreifende Mehrheit im Kongress die weitere Unterstützung der Ukraine befürwortet, liegt nicht in dem Wunsch sich philanthropisch zu engagieren. Die wichtigsten Gründe für die weitere Unterstützung der Ukraine bei der Niederringung der russischen Invasoren sind kalte, harte, praktische amerikanische Interessen“.