report 68

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Job-Export. Die neue globale Arbeitsteilung

Wolfgang Müller

40 Seiten, Dezember 2006

Vergriffen, aber als Download verfügbar

Die deutschen Firmen intensivieren die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland – sei es, indem sie bisher im Inland getätigte Geschäftsprozesse ins Ausland “outsourcen”, sei es, dass sie neue Investitionen in erster Linie im Ausland vornehmen. Jahr für Jahr wachsen die Auslandsanteile an Umsatz und Beschäftigung.

Wie weit sind davon nach wie vor Industriearbeitsplätze; betroffen, die im Mittelpunkt der ersten Verlagerungswelle standen? Verändert sich der Schwerpunkt jetzt hin zu den höher qualifizierten Angestelltentätigkeiten? “Als der Kapitalismus digital wurde, waren die ersten Betroffenen die Produktionsarbeiter. Jetzt ist mit der Verlagerung von Ingenieurstätigkeiten die Mittelklasse im Feuer. Das ist eine reale Krise für einen großen Teil der Gesellschaft.”, so der Autor Wolfgang Müller, langjähriger Leiter des Siemens-Teams der IG Metall.

Wer sind die Haupttreiber und Profiteure von Verlagerungen? Was sind die bevorzugten Verlagerungsziele der Konzerne? Welche Auswirkungen haben die Verlagerungen auf den Arbeitsmarkt und die Situation der Beschäftigten in den “Heimat”-Ländern der Konzerne und in den Zielländern der Verlagerungen?

Für die bevorstehenden Kämpfe um eine an den Bedürfnissen der Gesellschaft orientierte Wirtschaftsstrategie liefert der vorliegende Report wesentliche Einsichten und mögliche Alternativen.

“Adieu Deutschland – der DAX haut ab”, überschrieb die ’Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung’ ihren Bericht über die “Globalisierung” der 30 Großunternehmen des Deutschen Aktienindexes. Jahr für Jahr wachsen die Auslandsanteile an Umsatz und Beschäftigung. Die Firmen verlagern ins Ausland, sei es, indem sie bisher im Inland getätigte Geschäftsprozesse ins Ausland “outsourcen”, sei es, dass sie neue Investitionen in erster Linie im Ausland vornehmen.

In der vorliegenden Untersuchung entwickelt Wolfgang Müller die These, dass die deutsche Industrie vor allem die 90er Jahre für den Aufbau von weltweiten Fertigungsverbünden genutzt habe. Die negativen Auswirkungen der Verlagerungen auf die Produktionsbeschäftigung in Deutschland seien bislang geringer als in anderen Industrieländern. Müller führt die Sonderentwicklung in Deutschland auf zwei Faktoren zurück: Erstens auf die hohe und hochqualifizierte Spezialisierung der deutschen Industrie, die sie weniger der Billiglohn-Konkurrenz aussetze; und zweitens auf die erfolgreiche Exportoffensive, die vor allem auf die im internationalen Vergleich massive Senkung der Lohnstückkosten zurückzuführen sei. Müller sieht die ständigen Drohungen der Unternehmer, Industrieproduktion ins Ausland zu verlagern, in erster Linie als eine Erpressungsmethode, über Arbeitszeitverlängerungen und Lohnkürzungen die Lohnstückkosten weiter zu verringern und die internationale Wettbewerbsüberlegenheit noch zu erhöhen.

Diese Strategie gefährdet, wie die Studie ausführt, sowohl Arbeitsplätze wie die wirtschaftliche Entwicklung überhaupt. Erstens führt die Exportorientierung der deutschen Wirtschaft zu einer ständigen Verringerung des Binnenmarktes. Niedrige Arbeitseinkommen stärken die Exportfirmen auf den internationalen Märkten, aber sie reduzieren – da Löhne und Gehälter die entscheidenden Größen der Massenkaufkraft stellen – die Nachfrage im Inland. Auf diesen Markt aber sind doppelt so viele Unternehmen und Beschäftigte angewiesen als im Exportsektor überhaupt vorhanden sind. Und zweitens haben die Exporterfolge Deutschlands (und u.a. Japans) weltwirtschaftliche Ungleichgewichte zur Folge, wo immer mehr Länder zu Schuldnern der wenigen Exportsieger werden bis zu dem absehbaren Punkt ihrer Zahlungsunfähigkeit. Die zweite These des Autors wirft ein Schlaglicht auf ein bisher weniger ausgeleuchtetes Feld, wo sich aber die wohl entscheidenden Konflikte der nächsten Phase des “Job-Exports” entwickeln. Durch die Entwicklung der Informationstechnologie und die Standardisierung der Geschäftsprozesse können erstmals Angestelltentätigkeiten in größerem Umfang aus den Unternehmen ausgegliedert und weltweit verlagert und vernetzt werden. “Als der Kapitalismus digital wurde, waren die ersten Betroffenen die Produktionsarbeiter. Jetzt ist mit der Verlagerung von Ingenieurstätigkeiten die Mittelklasse im Feuer. Das ist eine reale Krise für einen großen Teil der Gesellschaft.”

Gegen diese auch in Deutschland unmittelbar bevorstehende Verlagerungswelle führt Müller eine Vielzahl von Abwehrmöglichkeiten ins Feld. In deren Zentrum steht die Forderung, dass die Global Players einer demokratischen politischen Kontrolle unterworfen werden müssen, andernfalls sie nach ihrer eigenen Funktionslogik die “Heimatbasis” wie die Weltgesellschaft zu menschenfeindlichen Profitmaschinen deformieren.

Für die bevorstehenden Kämpfe um eine an den Bedürfnissen der Gesellschaft orientierte Wirtschaftsstrategie liefert der vorliegende Report wesentliche Einsichten und mögliche Alternativen.

  1. Zusammenfassende Thesen zum “Job-Export”
  2. Einleitung
  3. USA: Binnen weniger Jahre jeder fünfte Industriejob weg
  4. Exportweltmeister Deutschland: Geht die industrielle Basis verloren?
  5. Mittel- und Osteuropa: Traditionell Reiseziel deutscher Konzerne
  6. Dienstleistung, Forschung & Entwicklung, Backoffice-Tätigkeiten: Die Verlagerungswelle kommt
  7. Globale Konzerne: Haupttreiber und Profiteure der Verlagerungen
  8. Verlagerungen: Sind wir alle Gewinner?
  9. Was tun gegen Verlagerungen?
  10. Literaturhinweise
 
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