Die Erfahrungen mit der 4-Tage-Woche sind positiv - wie bereits in anderen Ländern.
Bundesweit hatten seit Anfang des Jahres 45 Firmen an einem Pilotprojekt teilgenommen, 41 haben die Testphase inzwischen abgeschlossen oder stehen kurz davor.
Nach den Aussagen der Unternehmensberatung Intraprenör haben sich 73 Prozent der beteiligten Unternehmen entschlossen, die Vier-Tage-Woche beizubehalten.
Der Umfang der praktizierten Arbeitsverkürzung war unterschiedlich: 20 Prozent weniger Wochenarbeitsstunden bei gleichem Lohn oder nur zehn Prozent oder noch weniger.
Bei 85 Prozent der beteiligten Unternehmen habe es jedoch einen vollen freien Tag pro Woche gegeben, sagt Intraprenör.
Nach Angaben der Initiatoren wurde die zusätzliche Freizeit als positiv wahrgenommen. Die Zahl der Stress- und Burnout-Meldungen sei deutlich zurückgegangen. Außerdem schliefen die Beschäftigten mit reduzierter Arbeitszeit durchschnittlich 38 Minuten pro Woche mehr als die Kontrollgruppe ohne Verkürzung.
Die Unternehmensberatung Intraprenör hat bei dem Test mit der Organisation „4 Day Week Global“ zusammenarbeitet, die schon in Großbritannien ein Experiment bei 61 Unternehmen mit insgesamt 2.900 Beschäftigten.dazu durchgeführt hat,
4-Tage-Woche als Modell in den Betrieben
Unabhängig von diesem Test gibt es derzeit unterschiedliche Ansätze, die 4-Tage-Woche umzusetzen:
- Verkürzte Wochenarbeitszeit bei gleichem Lohn (100-80-100-Modell)
Dabei verringern Unternehmen die wöchentliche Arbeitszeit, zahlen aber das volle Gehalt weiter, zum Beispiel im 100-80-100-Prinzip: 100 Prozent Lohn für 80 Prozent der Arbeitszeit bei 100 Prozent erreichten Produktivitätszielen. Bei einer 40-Stunden-Woche (8 x 5 Tage pro Woche) würde sich die Arbeitszeit auf 32 Stunden reduzieren (8 x 4 Tage pro Woche). Beispiele: Test-Modelle in Island oder Großbritannien.
- 4-Tage-Woche bei gleichbleibender Wochenarbeitszeit (Belgisches Modell):
Bei diesem Ansatz bleibt die Wochenarbeitszeit gleich, verteilt sich aber auf vier Tage. Dieses Modell kommt in Belgien zum Einsatz: Wenn aus betrieblichen Gründen nichts dagegenspricht, können Beschäftigte dort beantragen, an vier Tagen die Woche zu arbeiten. Am Gehalt ändert sich in diesem Modell durch die Neuverteilung der Arbeitszeit nichts. Beispiele hierzulande: Hotels in Hamburg, als Gegenmaßnahme zu Fachkräftemangel.
- Verkürzte Wochenarbeitszeit mit niedrigerem Lohn (Teilzeitarbeit):
Eine 4-Tage-Woche ist auch als Teilzeitmodell möglich, auf Antrag des einzelnen Beschäftigten.
Klare Positionierung der Gewerkschaften wichtig
Aus Sicht der Beschäftigten ist das Risiko der Arbeitsintensivierung durch diese Modelle groß.
Die gewerkschaftliche Position zur 4-Tage-Woche kann nur im Zusammenhang mit einer Arbeitszeitverkürzung (plus Lohnausgleich) glaubwürdig sein. Angesichts aktueller Drohungen von Managern, Arbeitsplätze abzubauen, ist dies die passende Antwort, um sinkendes Arbeitsvolumen zumindest betrieblich etwas auffangen zu können.
Aber auch der steigende Leistungsdruck durch die neue Technik ist ein Argument für die Verkürzung der Arbeitszeit. Die Einbindung der Beschäftigten über IT oder mobile Endgeräte führt zu einer enormen Verschärfung des Arbeitsdrucks. Jeder Schritt kann überwacht werden, Arbeiter sind – wie beim Versandkonzern Amazon – stets lokalisierbar und so beobachtbar. Der Technikeinsatz erfordert eher eine Begrenzung der Arbeitszeit, um den Stress nicht weiter auszuweiten.
Personalbemessung – eine wichtige Voraussetzung
Die Personalplanung bleibt der entscheidende Faktor: Wieviele Kollegen werden in der Schicht oder im Team benötigt, um die Aufgaben erledigen zu können? Kernstück der Personalplanung ist die Personalbedarfsplanung. Diese kann nur aus den Unternehmenszielen abgeleitet werden und steht deshalb in engen Zusammenhang mit der Produktions-, der Absatz- und der Investitionsplanung. Diese Informationen sind deshalb auch für den Betriebsrat von Bedeutung. Die Höhe der geplanten Produktion hat großen Einfluss auf die erforderliche Anzahl der Beschäftigten.
Vereinbarung zur Entlastung der Beschäftigten
Wie die Personalbemessung zum Thema wird, zeigt sich an Tarifvereinbarung in Krankenhäusern.
An diesen Erfahrungen müssen gewerkschaftliche Tarifkommissionen aller Branchen anknüpfen.
Für die Belegschaft geht es bei Arbeitszeiten auch um die Planbarkeit.
Dies setzt eine seriöse Planung des Personalbedarfs voraus.
Personalplanung und Personalbedarfsplanung sollten deshalb Bestandteil jedes Tarifvertrages zur Arbeitszeit sein.
Das jüngste Beispiel ist die Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Das Klinikum ist eine Dienststelle des Landes Niedersachsen. Nach monatelangen Verhandlungen und mehreren Streiktagen hat die Gewerkschaft Verdi jetzt eine Vereinbarung zur Entlastung der Beschäftigten erreicht.
In der Einigung ist ein Personalschlüssel festgelegt, der bestimmt, wie viel Pflegekräfte auf den Stationen zur Verfügung stehen müssen. Wird die Vorgabe unterschritten, erhält das betroffene Personal einen Belastungspunkt. Die Folge ist mehr Freizeit: Ab sieben Punkten steht den Beschäftigten ein zusätzlicher freier Tag zu. Die sind jedoch auf zehn Tage ab dem Jahr 2025, zwölf ab 2026 und vierzehn Tage ab 2027 beschränkt (www.nd-aktuell.de/artikel/1186316.gewerkschaften-hannover-entlastung-an-der-mhh.html). Eine erfolgreiche Einigung, bei der Erfahrungen der Beschäftigten in der Berliner Klinik Charite genutzt wurden, die einen Tarifvertrag dazu errungen haben.
Die positiven Stimmen vieler Beschäftigter zur 4-Tage-Woche sollten die Gewerkschaften aufgreifen, um deutlich zu machen: Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich dient der Arbeitsplatzsicherung und der Verbesserung der Lebensqualität.