Nicht profitgetrieben, nicht von Konkurrenz, Egoismus und Abgrenzung getrieben:
eine nicht-marktwirtschaftliche Energiewirtschaft

Tiefgreifende öko-sozialistische Umwälzungen stehen derzeit nicht auf der Tagesordnung. Umso wichtiger ich es, darüber nachzudenken, was machbare erste Schritte und Gestaltungselemente sein könnten für eine Gesellschaft, die sich

  • der ökologischen Zerstörung des Planeten,
  • der ausufernden Ungleichheit und Konkurrenz der Menschen untereinander und
  • der fortschreitenden Militarisierung und Aggressivität zwischen den Staaten

entgegenstellen will.

Hierzu einige Gedanken zu einer alternativen Energiewirtschaft.

1. Zunächst einmal sind dafür zwei zentrale Kriterien anzuführen:

a) Verfügbarkeit: Gemeint ist die schaffende Zugriffsfähigkeit auf die materiellen Voraussetzungen, auf die Produktionsanlagen, die als gesellschaftliches Eigentum in öffentliche Hand, in öffentliche Verfügungsgewalt gehören;

b) Kollektives, demokratisches Handeln: Die Zielfindung und Diskussion der wirtschaftlichen Alternativen, die Entscheidung über Präferenzen sowie die Durchführung der Wirtschaftstätigkeit sollte nach demokratischen, kollektiven Beschlüssen, nach den Grundsätzen geschehen, was für die Gemeinschaft das Beste und gegenüber den Nachbar-Ländern und den Nachfolgegenerationen verantwortbar ist.

Wenn a) fehlt: dann bleiben nur Bitten, Vorschläge, Appelle zu Selbstverpflichtungen.
Wenn b) fehlt: RWE, VW, DB sind zu wesentlichen Anteilen staatliches Eigentum, wirtschaften aber nach Profitmaximierung, und damit im Widerspruch zu Klimaschutz; die meisten Flughäfen sind in staatlichem Besitz, wirtschaften aber defizitär durch massive Subventionen des Flugverkehrs, wirtschaften also klimazerstörerisch. Auch riesige Unternehmen wie Commerzbank, Uniper oder die deutsche Gazprom sind/waren verstaatlicht.

Volkswagen spart mit Privatjet-Flotte Millionen an Steuern

Der Autohersteller betreibt ein Luftfahrtunternehmen mit im vergangenen Jahr etwa 2800 Flügen. Durch eine geschickte Konstruktion spart er Steuern und umgeht Klimaschutzauflagen. Die Reiseziele legen außerdem nahe, dass die Betriebsflotte, anders als vom Konzern behauptet, auch für Privatflüge genutzt wird.

Sueddeutsche

  1. Daraus ergeben sich Ansatzpunkte für ein alternatives Wirtschaften

Die Kommunen als unterste Ebene im staatlichen Aufbau (die öffentliche Hand) besitzen bereits eine ganze Menge von Produktionsanlagen, mit denen man wirtschaften kann, gestalten und verändern könnte. Insbesondere trifft das auf die wichtigen Bereiche zu wie, Energiewirtschaft außer Öl, Wohnungswirtschaft, Gesundheitswesen, Öffentlicher Verkehr, Müll und Recycling, Bildung und Forschungswesen, Finanzwirtschaft (Sparkassen), obwohl die Privatisierungsexzesse in den letzten Jahrzehnten in den genannten Bereichen zu beobachten waren. Dieses Potential muss für wirtschaftliche Alternativen genutzt werden, daran kann angeknüpft werden.

  1. Der Bereich Energiewirtschaft: die Stadtwerke

    In Deutschland gibt es etwa 900 Stadtwerke. Sie müssen die materielle und politische Basis für die Energiewende werden.
    Zur Erklärung sind beispielhaft vier Punkte angeführt:

3.1   Stadtwerke sind – grundsätzlich – dem direkten öffentlichen / gesellschaftlichen Zugriff unterworfen. Hier kann mit der Demokratisierung wirtschaftlicher Entscheidungen, mit der Beteiligung der Menschen an der Zielfindung in der Wirtschaft direkt begonnen werden. Stadträte mit Bürgerbeteiligung müssen die Stadtwerke-Wirtschaft steuern. Nicht Gewinnmaximierung, sondern einer allgemein-gesellschaftliche Wohlfahrtsoptimierung gegenüber sollten das Grundprinzip kommunaler Politik werden. Daraus ergibt sich am Beispiel Preispolitik, das nicht Marktpreise, sondern politische Preise festzusetzen sind: niedrige Preise für niedrige Verbräuche, hoch bzw. stark ansteigende Preise für hohe Verbräuche. Dazu muss dringend die GmbH-isierung der Stadtwerke der letzten 20 Jahre rückgängig gemacht werden (GmbHs werden privatwirtschaftlich geführt, Eigenbetriebe politisch durch den Stadtrat).

3.2   Stadtwerke erlauben eine regionale, und zwar eine regional konzentrierte Wirtschaft, stark und dominant in der Region.

3.3   Stadtwerke sind zum Kompetenzzentrum auszubauen, nicht nur für Energieangebot und für den Ausbau von Regenerativen, sondern – noch viel wichtiger – elementar auch für eine Nachfragereduzierung und Einsparinvestitionen, z.B. für die oft vergessene Gebäude-Wärmedämmung (Verbrauchsverringerung!) oder für sparsame Gebrauchsgeräte oder aktuell für den Heizungsumbau (Beratung, Bereitstellung und Unterstützung bei Handwerker-Auswahl und Bauleitung). Stadtwerke sind das wichtigste Werkzeug (neben Genossenschaften), um eine Energiewende materiell durchzuführen.

3.4   Stadtwerke-Vereinigungen, -Kooperationen, gemeinsame Unternehmungen von Stadtwerken: sie sollen die bisherigen Konzerne ersetzen und sind zuständig für die überregionalen Aktivitäten: die großen Netze für Strom und Gas, die nötigen Großkraftwerke, die überregionalen Speicher, für Importe und Importverhandlungen, vielleicht auch für eventuelles CO2-CCS, für Wasserstoffwirtschaft, für Batterietechnologien und Elektrifizierung des Verkehrs und weiteres… Hier sind öffentliche Unternehmen aufzubauen und zu fördern, sie müssen vom Gesetzgeber die Macht und die politische Unterstützung erhalten, um konkurrierend zu den Konzernen aktiv zu werden und die Konzerne zurückzudrängen (noch besser natürlich: die politische Macht erringen und nutzen, um die Konzerne direkt zu vergesellschaften).

4. Forschung – ein weiterer zentraler Punkt:

Ergebnisse der Forschung müssen unbedingt in öffentlicher Hand bleiben, d.h. das Patentsystem und die Anwendung der Forschung auf neue wirtschaftliche Tätigkeiten. Forschung ist ein zentral wichtiges Instrument zur längerfristigen Veränderung der Welt.

  • Bisher hat staatliche Forschung hauptsächlich der Konzernforschung und deren Patentnutzung zugearbeitet.
  • Auch hier zeigt sich, dass der Staat über eine Vielzahl von Forschungsinstitutionen, Unis, Max-Planck, Fraunhofer usw. verfügt. Diese gilt es weiter auszubauen und zu nutzen.
  • Zu beachten ist dabei: Forschungsziele und Präferenzen zu E-Mobilität, Wasserstoff, Rohstoffnutzung, Recycling, Stromspeicher usw. sind kollektiv-demokratisch zu bestimmen und dementsprechend die Anwendung forciert und gestaltet werden (wie auch z.B. bei Pharma)
  • Sinnvoll wäre bei diesen großen Forschungsbereichen die Gründung eines staatlichen Unternehmens, eventuell durch die oder mit den Stadtwerke-Vereinigungen (wie zuvor erwähnt) zur Forschungsanwendung und unmittelbarer Produktion statt riesiger Subventionen an profitspekulierende Konzerne (z.B. E-Autos).
  • Solidarische Entwicklungsförderung betreiben: Staatliche Patente günstig / kostenlos an die armen Länder weitergeben, verbunden mit öffentlichen Krediten und Investitionsgeldern (z.B. Weltbank) für den Aufbau von wohlfahrtsfördernden und klimaschützenden Arbeitsplätzen in armen Ländern (insbesondere klimaschonende Energieerzeugung, Energieeinsparungs-Technologien, Verarbeitung eigener Rohstoffe bis zu den Endprodukten statt nur Rohstoff-Export). Anzudeuten ist hierbei die Einschränkung von Konzernwillkür und -abhängigkeit.

 

5. Weitere Stichworte,
die bei einer Energiewende auf die Verbundenheit der Energiewende / des Klimaschutzes mit anderen Politikbereichen hinweisen:

  • Finanzkapital entmachten: damit soll der Einfluss der Rohstoff-Spekulation auf die Preisbildung und die Preisänderungen sowie auf die Menge und ihre Verfügbarkeit zurückgedrängt werden;
  • Sozialer Wohnungsbau (kommunale Wohnungsgesellschaften): hochwertig und massenhaft ist klimaschutzmäßig zu investieren, Vorkaufsrechte sind zu sichern, Finanzmittel sind bereitzustellen. Wohnungskonzerne sind zurückzudrängen und die Mieten sind zu senken.
  • Abrüsten: die Energiewirtschaft ist zu demilitarisieren, denn nur bei internationaler Entspannung ist international effiziente Klimapolitik denkbar, um Militär zur international auszuschließen.

Und zum Schluss ein paar Anmerkungen zu den beiden schwierigsten Zielen:

  • Umverteilung vor Wachstum: auf das reichste Zehntel der Weltbevölkerung entfallen 48 % der weltweiten Treibhausgas-Emissionen, auf die ärmere Hälfte (fünf Zehntel) nur 7 %:
    Der gewöhnliche Mensch des Nordens emittiert in 1 Woche fast so viel wie ein Mensch aus der armen Hälfte der Weltbevölkerung in 1 Jahr. Das bedeutet im Klartext:  es handelt sich um marktwirtschaftliche Klimapolitik, also Konzentration auf CO2-Abgabe und der Markt wird’s es dann schon richten, Demzufolge führt es zu hohen Reduzierungen des Wenigen bei den Armen, die sich hohe Preise nicht leisten können, und zu geringen Reduzierungen bei den Reichen, denen die CO2-Abgaben vielleicht egal sind. Das Ergebnis marktwirtschaftlicher, preisorientierter Klimapolitik wird völlig unzureichend sein. Insofern ist ein direkter Eingriff in die Verbrauchsmuster dringend anzuraten, auch und gerade durch Gebote und Verbote.
  • Damit geht einher eine herbeizuführende Bewusstseinsveränderung, die auf eine: Verantwortung und Solidarität gegen reine Konsummaximierung abzielt, gegen die monotone Betonung der Technologieoffenheit. Beim Klimaschutz im Ampel-Regierungsprogramm ist ausschließlich von Technologie die Rede, aber nie von Verbrauchsreduzierung, Einschränkung, Zurückhaltung, Solidarität, Umverteilung.

Daran ist politisch anzusetzen, um Energie- Verbrauch und Emissionsexzesse rigoros zu reduzieren.

Denn anders ist die Klimazerstörung nicht mehr abzuwenden.