Am 16. Juli 2019 hat das bayerische Verfassungsgericht bekanntgegeben, dass es das Volksbegehren für bessere Pflege für juristisch nicht zulässig hält. Die Initiatoren bedauern, dass unser Anliegen für mehr Pflegepersonal in den bayerischen Krankenhäusern von staatlicher Seite gestoppt wurde. Für die Patient*innen, Beschäftigten und Unterstützer*innen, die für das Volksbegehren unterschrieben haben, ändert sich erstmal nichts an den dramatischen Zuständen im Pflegebereich.

Warum wurde das Volksbegehren verboten?

Im Kern begründete das Verfassungsgericht das Verbot mit den Pflegepersonaluntergrenzen, die bundesweit seit dem 01.01.2019 in nur vier Bereichen gelten (Intensivmedizin, Altersmedizin, Kardiologie und Unfallchirurgie). Damit hat der Bund nach Ansicht des Verfassungsgerichts eine Regelung geschaffen, die dem Freistaat keine eigene Gesetzgebungskompetenz mehr lässt. Gesundheitspolitisch ist das dramatisch.

Die Personalschlüssel, die mit den Personaluntergrenzen festgesetzt wurden, sind viel zu niedrig und willkürlich. Auf diese Weise wird der Pflegenotstand nicht behoben, sondern staatlich festgeschrieben. Nach dem die Untergrenzen für nur vier Bereiche gelten, führt dies in der Regel auch dazu, dass Pflegepersonen von anderen Stationen auf diese verliehen werden, um die Untergrenzen einzuhalten. Der Pflegenotstand wird damit systemisch nicht gelöst, sondern eher noch verschärft. Das Bundesgesundheitsministerium hat mehrfach betont, dass die Personaluntergrenzen keine „Festlegung einer im Einzelfall angemessenen Personalausstattung“ sind. Genau das wollten wir aber mit dem Volksbegehren in Bayern durchsetzen. Das bedeutet: Der Bund hat unzureichende, nicht bedarfsgerechte Personalvorgaben in wenigen Bereichen eingeführt, mit denen sich die Staatsregierung jetzt aus ihrer Verantwortung stiehlt. Leider trägt das Verfassungsgericht diesen Wahnsinn mit.

Das Volksbegehren war nicht umsonst.

Der Einsatz den viele unsere Mitstreiter*innen gezeigt haben war nicht umsonst. Mit mehr als 102.000 Unterschriften haben wir bewiesen, dass viele Menschen in Bayern mehr von der Politik erwarten. In den vergangenen Monaten ist in Bayern viel über menschenwürdige Pflege und über den Alltag auf den Stationen geschrieben, gesprochen und diskutiert worden. Bei diesen Diskussionen kamen wir immer an den Kern des Problems. In den letzten fünfzehn Jahren wurde auf Kosten des Pflegepersonals und der Patient*innen gespart. Ziel der Krankenhausträger war und ist eine Profitmaximierung. Öffentliche Kliniken wurden dem freien Wettbewerb ausgesetzt, sie sollen mit den privaten Konzernen konkurrieren können. Dies hat nichts mehr mit einer qualitativ- hochwertigen Patient*innen-versorgung zu tun, sondern dient alleine den Interessen des Kapitals.

Wir brauchen endlich eine grundsätzliche Kehrtwende in Form einer ausreichenden Personalbesetzung, damit die Kolleg*innen auf Station wieder gute Arbeitsbedingungen haben und wir unsere Patienten*innen gut versorgen können. Vor allem brauchen wir die Abschaffung des Fallpauschalen-systems und eine Umstellung auf ein kostendeckendes Finanzierungssystem, in dem Gewinne verboten werden.

Nicht nur deshalb ist es wichtig, dass wir in diesem Bereich weiter Druck aufbauen, mobilisieren, aktivieren und aufklären. Es gibt aus meiner Sicht eine gesellschaftliche Mehrheit für eine grundlegende Veränderung im Gesundheitswesen. Diesen Kampf müssen wir in den nächsten Monaten und Jahren mit allen uns verfügbaren Mitteln weiterführen.